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Angst vor Atomkatastrophe wohl groß: Jodtabletten teils ausverkauft – Fachleute warnen

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Von: Svenja Wallocha

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Eine Apothekerin nimmt eine Packung hochdosierte Jodtabletten aus einem Vorratsschrank, daneben liegen schwächer dosierte für Schilddrüsenerkrankungen. Die angesichts des Ukraine-Krieges gestiegene Nachfrage nach Jodtabletten könnte für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen zu Problemen führen.
Eine Apothekerin nimmt eine Packung hochdosierte Jodtabletten aus einem Vorratsschrank, daneben liegen schwächer dosierte für Schilddrüsenerkrankungen. Die angesichts des Ukraine-Krieges gestiegene Nachfrage nach Jodtabletten könnte für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen zu Problemen führen. © Jan Woitas/dpa

Die Nachfrage nach Jodtabletten ist seit dem Ukraine-Krieg deutlich gestiegen – in einigen Regionen sind diese sogar ausverkauft. Doch Fachleute warnen vor der Einnahme.

Kassel – Seit dem Ukraine-Krieg ist die Angst vor einem nuklearen Schlag* oder einem Unfall in einem der ukrainischen Atomkraftwerke groß. Um für eine Nuklearkatastrophe vorzusorgen und sich vor möglicher radioaktiver Strahlung zu schützen, decken sich bereits viele Menschen mit Jodtabletten ein.

Der Ukraine-Krieg hat bereits in vielen Apotheken des Landes zu einer erhöhten Nachfrage an Jodtabletten geführt. Dabei hatten Fachleute bereits von der Einnahme von Jodtabletten abgeraten. In den nordrhein-westfälischen Apotheken sind Jodtabletten derzeit sogar ausverkauft. „Leider wird gerade alles gekauft, was Jodid enthält“, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, am Mittwoch (09.03.2022) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Erhöhte Nachfrage bei Jodtabletten: Mittel in NRW ausverkauft

Hersteller und der Großhandel seien auf die große Nachfrage nicht vorbereitet gewesen. Unter den Lieferengpässen leide nun die Regelversorgung von Patienten, die wegen Schilddrüsenerkrankungen Jodid benötigten, sagte Preis. Neben Nordrhein-Westfalen steigt auch in Sachsen die Nachfrage nach Jodtabletten, ebenso meldet die Landesapothekenkammer in Thüringen eine erhöhte Nachfrage. Jodtabletten dienen nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) bei einem nuklearen Unfall als Schutz vor einer Einlagerung von radioaktivem Jod in die Schilddrüse. Experten warnen allerdings vor einer präventiven Einnahme.

In der Ukraine liegt unter anderem das ehemalige Atomkraftwerk (AKW) Tschernobyl, das von russischen Einheiten eingenommen worden ist. Am AKW Saporischschja hatte es nach Kampfhandlungen im Ukraine-Konflikt* gebrannt. Die Lage ist vor allem in Tschernobyl weiterhin heikel, auch weil keiner im Augenblick weiß, was dort derzeit geschehe. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte zuletzt jeglichen Kontakt verloren. Dennoch bestehe kein Grund zur Panik, so Fachleute.

Ukraine-Krieg: Apotheker raten von Kauf von Jodtabletten ab – „Panikmache“

So hat auch die Apothekerorganisation Abda vom Kauf von Jodtabletten aus Angst vor einer möglichen Strahlenbelastung durch den Ukraine-Krieg abgeraten – sie registriert aber ebenfalls eine „klar gestiegene“ Nachfrage bei den Präparaten. „Wir hören aus etlichen Apotheken, dass Kunden nach Jodtabletten zur Bevorratung fragen“, sagte Sprecherin Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) der Deutschen Presse-Agentur. Sich in Deutschland nun mit Jod einzudecken, um sich vor einer vermeintlichen Belastung aus einem ukrainischen Atomkraftwerk zu schützen, sei aber „Panikmache“, betonte Sellerberg. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz schrieb bereits via Twitter: „Wir empfehlen es nicht, einen persönlichen Vorrat anzulegen.“

„Wir leisten da gerade einiges an Aufklärungsarbeit“, berichtet auch Jens Tschäpe, Apotheker aus dem Landkreis Northeim in Niedersachsen. Auch laut ihm ergebe es gar keinen Sinn, sich mit niedrig dosierten Jodtabletten aus der Apotheke* einzudecken – auch wegen des Risikos vor Nebenwirkungen.

Verbraucherzentrale klärt auf: Katastrophenschutzbehörden verteilen im Notfall Jodtabletten

Bei der NRW-Verbraucherzentrale hieß es, eine vorbeugende Einnahme von jodhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln oder Jodtabletten sei „weder nötig noch sinnvoll“. Ein dauerhafter Jodüberschuss könne die Gesundheit gefährden und unter anderem zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen. Nur sehr hoch dosierte Jodtabletten könnten demnach bei einer nuklearen Katastrophe vor Schilddrüsenkrebs schützen. Diese Tabletten würden im Notfall über die Katastrophenschutzbehörden verteilt.

„Niemand muss also einen eigenen Vorrat an Tabletten anlegen“, so die Zentrale. Die Menschen dürften die hoch dosierten Tabletten erst nach ausdrücklicher Aufforderung der Behörden und in der vorgeschriebenen Menge einnehmen. Wie lange die Lieferengpässe in den betroffenen Regionen in Deutschland andauern, sei noch unklar. Erste Hersteller hätten jedoch bereits signalisiert, dass die Tabletten in der nächsten Woche wieder nachgeliefert werden könnten. (svw mit Material von dpa) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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