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„Kennen wir nur vom FBI“ – Jurist nach Razzia bei „Letzter Generation“ bestürzt

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Von: Martina Lippl

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Groß-Razzia, Konten gesperrt und die Webseite der „Letzten Generation“ beschlagnahmt. Strafrechtsexperte nennt diese Aktion ein „Symbol“ – das eher aus den USA bekannt ist.

Kassel – Mit einer komplexen Operation ist die Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ vorgegangen. 15 Wohnungen wurden in sieben Bundesländern durchsucht, auch die von Carla Hinrichs. Festnahmen gab es keine. Im Rahmen der Razzia beschlagnahmten die Behörden die Domain der „Letzten Generation“ und leiteten Nutzer auf eine Webseite der Polizei Bayern um. Von FBI-Methoden spricht ein Strafrechtsexperte.

Denn, im Internet war dann ein Hinweis zu sehen, der die Klima-Gruppe als „kriminelle Vereinigung“ bezeichnete. Es gibt jedoch lediglich einen Anfangsverdacht. Inzwischen wurde das Banner abgeändert. Die Generalstaatsanwaltschaft München räumte ein, dabei einen Fehler begangen zu haben. Von einem Missverständnis ist die Rede. Es ist jedoch ein Fehler, der in den Augen von Juristen Fragen aufwirft.

Webseite der „Letzten Generation“ beschlagnahmt – „Kennen wir nur vom FBI“

„Wir kennen das nur vom FBI, das Seiten beschlagnahmt und illegale Provenienz. Das dann prominent platziert und anzeigt“, sagte Strafrechtler Matthias Jahn von der Goethe-Universität in Frankfurt bei ZDF „heute live“. Es ginge hier um ein „Symbol“, das hier kommuniziert werden sollte, „das wir eigentlich nur aus dem amerikanischen Strafrecht kennen.“

Webseite der „Letzten Generation“ beschlagnahmt. Strafrechtler Matthias Jahn spricht über FBI-Methoden bei ZDF „heutelive“.
Webseite der „Letzten Generation“ beschlagnahmt. Strafrechtler Matthias Jahn spricht über FBI-Methoden bei ZDF „heutelive“. © Screenshot/Youtube/Screenshot Website „Letzte Generation“

Seiner Auffassung ziele die Beschlagnahme und die Bejahung eines Anfangsverdachts im Kern darauf, dass nicht ernsthaft davon ausgegangen werde, dass Aktivisten oder Aktivistinnen sich vor einer Staatsschutzkammer verantworten müssten.

„Es geht um das große Besteck der Strafprozessordnung“

Prof. Matthias Jahn von der Goethe-Universität in Frankfurt

„Es geht um das große Besteck der Strafprozessordnung“, so der Jurist. Maßnahmen, die die Strafprozessordnung zulasse, wie Telekommunikationsüberwachung, Lauschangriffe, Onlinedurchsuchung, oder Hausdurchsuchungen.

„Das soll ein bestimmtes Klima erzeugen“, sagte Jahn. Und in diesem Klima solle verhindert werden, dass sich Aktivistinnen und Aktivsten weiter so betätigen, wie wir es in den letzten Monaten erlebt hätten. Das könnte etwas mit Prävention zu tun haben. Die seien aber nicht Aufgaben eines Strafverfahrens, führt der Experte aus.

Beschlagnahme der Webseite und Banner im Internet ein Wahlkampf-Manöver?

Die „plakative Aktion“ mit der Beschlagnahme von Webseiten und dem Banner im Internet könnten auch, laut Prof. Matthias Jahn, möglicherweise mit heraufziehenden Wahlkämpfen zu sehen sein. Die Wut von einigen Bürgern auf die „Klima-Kleber“ ist groß. Blockaden kochen die Emotionen hoch. Autofahrer schleifen selbst schon Klima-Aktivistinnen an den Haaren von der Straße.

Ob die „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung im Sinne des deutschen Strafgesetzbuches § 129 StGB eingestuft werden kann, ist umstritten und gerichtlich nicht geklärt. Das wird auch im Streitgespräch bei ZDF-Sendung „heutelive“ (hier auf YouTube) deutlich.

Strafrechtsexperte Mark Zöller von der Ludwig-Maximilians-Universität München sagte bei tagesschau.de: „Alles andere ist reine Vorverurteilung und mit dem für staatliche Stellen geltenden Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot unvereinbar.“ 

Übrigens: Die Webseite letztegeneration.de wurde zwar beschlagnahmt, doch es gibt inzwischen einen neuen Internetauftritt unter der Domain letztegeneration.org. (ml)

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