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Nachbarn packen über Münster-Täter Jens R. aus: „Das Auffallendste an ihm war ...“

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Amokfahrt in Münster: Das Haus des Amokfahrers.
Amokfahrt in Münster: Das Haus des Amokfahrers. © AFP / MICHAEL GOTTSCHALK

Nach der tödlichen Attacke mit einem Campingbus in Münster suchen die Ermittler weiter nach einem möglichen Tatmotiv. Was wissen wir über den Täter?

Münster - "Die Ermittlungen werden mit Hochdruck und in alle Richtungen geführt", erklärte die Staatsanwaltschaft am Sonntagmorgen. Der Fahrer hatte am Samstag zwei Menschen getötet und sich dann das Leben genommen. Medien berichteten von psychischen Problemen des Mannes aus Münster, der offenbar Jens R. heißt. Die Tat sorgte international für Bestürzung, für Sonntagabend ist ein Gedenkgottesdienst geplant.

Klar ist nun auch: Die Polizei sucht nach der Amokfahrt von Münster nicht nach weiteren Tätern. Es gebe keine Hinweise, dass noch weitere Verdächtige an dem Verbrechen beteiligt waren - man gehe von der Tat eines Einzeltäters aus, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Die Polizei war zunächst Zeugenaussagen nachgegangen, wonach noch zwei Menschen aus dem Auto gesprungen und geflüchtet sein sollten.

Der Mann war am Samstagnachmittag in der Münsteraner Altstadt mit seinem Fahrzeug in eine Restaurantterrasse gerast. Eine 51-jährige Frau und ein 65-jähriger Mann wurden nach Angaben der Polizei getötet. Der Täter, den die Polizei als 48-Jährigen aus Münster identifizierte, erschoss sich anschließend in dem Wagen. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich.

Innenministerium: Wohl kein islamistischer Anschlag in Münster

Es spreche "im Moment nichts dafür, dass es irgendeinen islamistischen Hintergrund gibt", sagte der nordrhein-westfälische Innenministers Herbert Reul (CDU). Das Bundeskriminalamt schaltete ein Website für Zeugenhinweise frei. Unter der Adresse www.bka-hinweisportal.de können Videos oder Fotos hochgeladen werden.

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Das Tatfahrzeug wurde von Experten des Landeskriminalamts untersucht, nachdem mehrere verdächtige Drähte entdeckt worden waren. Die Beamten gaben später Entwarnung. Bei der Durchsuchung des Campingbusses wurden neben der Tatwaffe eine Schreckschusswaffe und rund ein Dutzend Feuerwerkskörper, sogenannte Polenböller, gefunden. In der Wohnung des Täters entdeckten die Ermittler weitere Knallkörper und eine unbrauchbar gemachte Maschinenpistole.

"Psychisch auffällig"? Erste Details zum Täter kursieren

"Süddeutsche Zeitung", Nord- und Westdeutscher Rundfunk berichteten, der Täter sei in der Vergangenheit "psychisch auffällig" gewesen. Das ZDF berichtete, der Mann soll Kontakte in die rechtsextreme Szene gehabt haben. Laut Aktenlage der Behörden hatte er demnach kürzlich versucht, sich selbst umzubringen.

In der Nachbarschaft war Jens R. offenbar ein Unbekannter. Die meisten, selbst direkt im Gebäude gegenüber des Wohnhauses, kannten den 48 Jahre alten Mann nicht einmal vom Sehen, berichtet Focus online. Ein Reporter hatte sich im Haus umgehört.

„Das Auffallendste an ihm war, dass er sich fast überhaupt nicht gezeigt hat und offenbar so gut wie niemanden kannte“, sagt ein Familienvater, der Jens R. ein paar Mal auf dessen Balkon auf der Rückseite des Hauses gesehen hat. „In zehn Jahren war das aber nicht mehr als drei, vier Mal“, sagt der Nachbar.

Einer anderen Nachbarin fiel der Campingbus in den vergangenen Wochen öfter auf, mit dem der Täter dann in die Menge fuhr. Dem Bericht nach wurde R.‘s Haus bereits observiert, weil auch rechtsextreme darin wohnen würden.

Staatsanwältin: Täter von Münster war der Polizei bekannt

Der mutmaßliche Täter von Münster war der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt. Es habe drei Verfahren in Münster gegeben und eines in Arnsberg, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin von Münster, Elke Adomeit, am Sonntag. Die Verfahren stammten demnach aus den Jahren 2015 und 2016 und seien alle eingestellt worden. Es ging damals um eine Bedrohung, Sachbeschädigung, eine Verkehrsunfallflucht und Betrug. Man müsse den Sachverhalt der Verfahren noch aufklären. „Aber auf den ersten Blick haben wir hier keine Anhaltspunkte auf eine stärkere kriminelle Intensität, die wir bei dem Täter feststellen konnten“, sagte Adomeit. Es gebe weiterhin keine Hinweise auf einen politisch motivierten Hintergrund oder weitere Täter.

Der Angriff in der historischen Altstadt von Münster löste einen Großeinsatz von Polizei und Rettungskräften aus, die Innenstadt wurde teilweise abgeriegelt. Am Sonntagmorgen durften die Anwohner im Sperrbereich rund um den Tatort in Begleitung von Polizisten in ihre Wohnungen zurückkehren.

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Kanzlerin Merkel äußert sich bestürzt

Die Bundesregierung und eine Reihe von Politikern äußerten sich bestürzt über die Bluttat. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich "zutiefst erschüttert" über die "schrecklichen Geschehnisse" in der westfälischen Universitätsstadt.

Für Sonntagabend ist ein ökumenischer Gottesdienst im St.-Paulus-Dom in Münster geplant. Dabei solle "für all diejenigen gebetet werden, deren Leben durch die Vorfälle am Samstag auf so schreckliche Weise aus den Angeln gehoben wurde", hieß es in der gemeinsamen Einladung des Bistums, des Evangelischen Kirchenkreises und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Münster.

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Die Attacke weckte Erinnerungen an den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt vom Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016. Der Tunesier Anis Amri hatte dabei zwölf Menschen getötet und fast 70 weitere verletzt.

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