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Kindesmissbrauch: Krisengipfel im Vatikan

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Benedikt VXI. feiert die Papstmesse an Epiphanie im Petersdom. © dpa

Rom - Papst Benedikt XVI. zitiert die irischen Bischöfe zu einem Krisengespräch in den Vatikan. Noch vor dem jüngsten deutschen Missbrauchsskandal waren in Irland schreckliche Vorgänge aufgedeckt worden.

Papst Benedikt XVI. hat den Skandal um tausendfachen Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche Irlands zur Chefsache gemacht. “Erschüttert und bestürzt“ über die erschreckenden Berichte aus dem Norden zitierte das Kirchenoberhaupt jetzt die irischen Bischöfe zu Krisengesprächen in den Vatikan.

Denn was ihm da von geschlagenen, gedemütigten und vergewaltigten Kindern in Heimen und Schulen Irlands zu Ohren gekommen war, das erfordert “Strategien, um jede Wiederholung zu verhindern“.

Und es geht um die Zukunft der Kirche in Irland. Während die jüngst aufgedeckten Missbrauchsfälle an deutschen Jesuitenschulen gerade Wellen schlagen, muss sich der 82 Jahre alte Papst am Wochenanfang zunächst mit dem irischen Skandal befassen.

Wie will die irische Kirche ihre moralische Autorität wiedergewinnen, wenn Priester ihre wehrlosen Schützlinge geprügelt und sexuell missbraucht haben - und die Oberen dann diese “Affären“ vertuschten und verschwiegen? Das ist eine der zentralen Fragen, die von Papst und Vatikan-Spitze an diesem Montag und Dienstag mit der aus Dublin angereisten Bischofskonferenz erörtert werden müssen.

Sein umstrittenes Zugehen auf die erzkonservativen Pius-Brüder vor einem Jahr hat doch demonstriert, dass der Papst über alle Maßen darauf bedacht ist, seine Herde zusammenzuhalten. Mit der “höchsten Aufmerksamkeit“ widmet sich Joseph Ratzinger nun also dem irischen Tal der Tränen.

Es waren gleich zwei Untersuchungsberichte, die die Kirche 2009 in eine ihrer tiefsten Krisen stürzten. Ein erster deckte im Mai auf, dass in Irland von den 1930er bis zu den 1990er Jahren tausende Heimkinder von Kirchenleuten geschlagen, kahlgeschoren, mit Feuer oder mit Wasser gequält, vergewaltigt wurden. Sie hatten Nummern statt Namen, und sie waren manchmal so hungrig, dass sie im Abfall etwas Essbares suchten.

Im November zeigte dann der sogenannte Murphy-Report, wie die Kirche grausame Taten jahrelang systematisch unter den Teppich gekehrt hatte. Priester missbrauchten über Jahrzehnte hinweg die, die ihnen anbefohlen waren. Die Kirchenleitungen schwiegen aus Furcht vor einem Skandal, staatliche Behörden schauten weg. Vier Bischöfe traten im Zuge der Krise zurück - allerdings nur nach immensem öffentlichen Druck. Drei Rücktritte muss der Papst noch akzeptieren.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi hatte vor Wochen gesagt, Benedikt werde den Iren noch “genug zum Nachdenken“ geben und in einem Hirtenbrief eine Menge über die Kirche dort zu sagen haben.

Zum Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention vor einer Woche brandmarkte der Papst jene Kirchenleute, die die “Rechte des Kindes“ verletzten - die Kirche werde “nie aufhören, dies zu bedauern und zu verurteilen“.

Irische Missbrauchsopfer schrieben in einem offenen Brief an den Papst: “Das Leid, die Wut und der Frust der Überlebenden nach der Veröffentlichung des Murphy-Reports sind enorm.“ Benedikt müsse das Ausmaß des Skandals akzeptieren. Die Stellungnahmen der Opfer wollten die irischen Bischöfe dem Papst übergeben.

Manche Betroffene hatten von ihm auch eine Buße in der irischen Kirche gefordert. Doch auf seiner für September geplanten Großbritannien-Reise macht er zwar in England und wohl auch in Schottland Station, nicht aber in Dublin.

Derweil liegen die deutschen Missbrauchsfälle an katholischen Schulen und

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Gemeinden noch nicht im Vatikan auf dem Tisch. Wenn die Voruntersuchungen in den betroffenen Bistümern abgeschlossen sind, dann erst wird die Glaubenskongregation in Rom informiert, deren Präfekt Joseph Ratzinger lange war.

Doch zieht der Vatikan nur in besonders schwerwiegenden Einzelfällen die Sache ganz an sich. Und weil sexueller Missbrauch in der Kirche kein neues Phänomen ist, kann die deutsche Bischofskonferenz dabei auf “Leitlinien“ zurückgreifen, um den Opfern zu helfen, die Täter zu bestrafen und vorbeugende Strategien zu entwickeln - wie sie Benedikt jetzt für Irland fordert.

dpa

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