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Freiwillig, oder nicht? Brisanter Prozess wegen Hand auf Glied des obersten Polizisten

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Von: Christoph Gschoßmann

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Viele Fragen rund um einen delikaten Prozess: Die Zukunft von Baden-Württembergs oberstem Polizeibeamten wird vor Gericht entschieden.

Stuttgart - Es ist ein Prozess, der viel Aufmerksamkeit erhält: Andreas Renner (49), Inspektor der Polizei und damit der ranghöchste Polizist Baden-Württembergs, wird wegen sexueller Nötigung angeklagt. Dabei kommen immer mehr Details ans Licht. Nicht nur, dass Renner sein eigenes Handy zerstörte, um Beweise zu vernichten - sondern laut der Verteidigung auch, wer das wahre Opfer ist. Ab Freitag (21. April 2023) steht er vor Gericht.

Hand der Polizistin an Renners Glied - freiwillig oder nicht?

Seit 2020 steht Renner an der Spitze des Polizeiapparates in Baden-Württemberg. Nun muss er sich vor Gericht verantworten, und es geht um pikante Details im Rahmen der Anklage: Unklar ist, wie das Glied des Angeklagten in der Hand einer Kollegin landete. Beim gemeinsamen Feiern am 13. November 2021 soll er die ihm unterstellte Kollegin in der Stuttgarter Kneipe „The Corner“ sexuell genötigt haben - danach wurde er von seinem Dienst freigestellt, weil auf einer Überwachungskamera genau zu sehen war, wie sich die beiden näher kamen. Zuerst floss Sekt, dann küssten sie sich.

Die heute 34-Jährige sollte in ihm einen „Mentor“ erhalten, doch so sieht es auf den Videos nicht gerade aus. Sie zeichnete das Gespräch laut eines Welt-Berichts heimlich auf. Strittig sind ein paar Minuten auf der Straße, die nicht von der Kamera eingefangen werden. Die Polizistin sagt, Renner habe seine Hose geöffnet und ihre Hand auf sein Glied geführt, wonach er urinierte. Sie widersetzte sich ihm nicht, auch wegen des Alkohols. Laut Renners Aussage habe sie aktiv nach seinem Geschlechtsteil gegriffen. Auch den Skype-Anruf Renners am nächsten Tag zeichnet sie ohne sein Wissen auf. Er macht ihr in dem Anruf Komplimente und garantiert ihr, sie durch das Assessment Center in den Höheren Dienst bringen zu können. (Ein anderes Verbrechen gab es in Sachsen-Anhalt: Eine Schiedsrichterin wurde sie tot aufgefunden – ihr Freund ist tatverdächtig.)

Der ranghöchste Polizist Baden-Württembergs, Andreas Renner.
Der ranghöchste Polizist Baden-Württembergs, Andreas Renner. © dpa-Bildfunk

Nach seiner Freistellung wurden Renner Diensthandy und Marke abgenommen. Nicht aber sein privates Telefon, was er ausnutzte. Renner zerstörte das Handy, was er laut Informationen der Bild in der Verhandlung sofort zugab. Der Grund liegt nahe: Er habe Angst gehabt, dass Daten des Handys gegen ihn verwendet werden könnten. Im Untersuchungsausschuss des Landtags wurde dieses Vorgehen laut Bild von Sascha Binder (SPD) als „verheerender Fehler“ bezeichnet. Verantwortlich dafür war Polizeipräsidentin Stefanie Hinz. Renner war bereits 2018 und 2020 auffällig geworden, als er pornografische Fotos von sich an mindestens drei Polizeibeamtinnen geschickt hatte. Bekannt geworden war dieses Verschicken erst 2021 durch eine anonyme Anzeige.

Baden-Württemberg: Renners Anwälte sehen ihn als Opfer

Die Staatsanwaltschaft wirft Renner vor, die Polizeibeamtin zur Duldung und Vornahme sexueller Handlungen veranlasst zu haben, und „hierbei bewusst ausgenutzt zu haben, dass er aufgrund seiner beruflichen Stellung in der Lage war, der Polizeibeamtin im Falle des Widerstands erhebliche berufliche Nachteile zu bereiten“. Der Anwalt des Inspekteurs sagt, es sei bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft „bei dieser Beweissituation“ überhaupt Anklage erhoben habe. Renner hofft also auf Freispruch. Sollte der Polizist schuldig gesprochen werden, würde das Strafmaß zwischen sechs Monaten und fünf Jahren liegen. Aber auch bei einem Freispruch läuft noch ein disziplinarrechtliches Verfahren gegen den Mann.

In einer Erklärung, die vor dem Prozess verteilt wurde, wird die Polizistin als berechnend dargestellt – und der Polizist als Opfer. Renners Anwälten zufolge bewusst ältere, höher gestellte Männer“ gesucht, „um die Kontakte zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen“. Renner sei vorverurteilt worden.

Und die Verteidiger gehen noch weiter: Sie soll Fakten verschwiegen haben, gelogen und Beweismittel vernichtet. Wörtlich hieß es: „In ihrer ersten polizeilichen Vernehmung hat die Anzeigenerstatterin verschwiegen, dass sie zu einem anderen, deutlich älteren und verheirateten Vorgesetzten im Innenministerium seit Monaten ein intimes Verhältnis unterhalten hat. In einer Sprachnachricht an diesen Liebhaber hat die Anzeigenerstatterin unmittelbar nach dem Abend mit Andreas R. selbst ausgeführt, dass sie genau gewusst habe, was sie tue, man könne nichts auf den Alkohol schieben.“

Strobls Zukunft an Renner geknüpft?

Offiziell wurde er von Hinz nicht suspendiert. Renner und sie arbeiteten ironischerweise früher gemeinsam an einer Kampagne für gutes Verhalten bei der Polizei. Am Ausgang des Verfahrens hängt neben der Zukunft von Renner wohl auch die von Innenminister Thomas Strobl (CSU), der Renner eingesetzt hatte. Strobl wird der Verrat von Dienstgeheimnissen vorgeworfen, weil er Anwaltsschreiben in dem Renner-Verfahren an einen Reporter der Stuttgarter Nachrichten durchstach - gegen eine Geldauflage von 15.000 Euro wurde das Verfahren eingestellt. Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll Strobl noch stützen. (cgsc mit dpa)

In und um München ist Beamten ein wirksamer Schlag gegen Kinderpornografie gelungen.

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