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Teuer und doch gefragt: Deshalb könnte der Diesel in Deutschland bald knapp werden

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Von: Isabel Wetzel

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Ein Mann füllt einen Kanister mit Kraftstoff: Nachdem die Diesel- und Benzinpreise im März bereits auf ein Rekordhoch gestiegen waren, könnte der Diesel in Deutschland nun tatsächlich knapp werden.
Nachdem die Diesel- und Benzinpreise im März bereits auf ein Rekordhoch gestiegen waren, könnte der Diesel in Deutschland nun tatsächlich knapp werden. (Symbolbild) © Harald Tittel/dpa

Das Leben in Deutschland hat sich infolge des Kriegs in der Ukraine drastisch verteuert. Ein drohender Diesel-Mangel könnte die Situation noch verschärfen. Ein Experte warnt.

Kassel – Die extrem gestiegenen Verbraucherpreise machen den Menschen in Deutschland immer mehr zu schaffen. Mittlerweile betrifft die Teuerung fast alle Bereiche des Lebens, nach den Kosten für Heizöl und Sprit werden auch in Supermärkten und Discountern wie Aldi zahlreiche Produkte deutlich teurer. Und auch, wenn die Preise an den Zapfsäulen aktuell den Eindruck einer leichten Entlastung wecken, stecken wir immer noch tief in der Öl- und Energiekrise, warnt ein Experte im Gespräch mit dem Business Insider (BI).

Denn durch den Ukraine-Konflikt könnte eine Dieselknappheit drohen, die die Preise an den Tankstellen sowie die Kosten für Energie und Transporte noch einmal rasant in die Höhe treiben würde. „Der Dieselmarkt war schon vor dem Krieg in der Ukraine eng, da es vergleichsweise wenige Exporteure auf dem Weltmarkt gibt. Jetzt könnte uns allerdings tatsächlich eine Dieselknappheit drohen, da Russland der wohl größte Dieselexporteur ist“, warnte Thomas Puls, Verkehrsexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, gegenüber dem BI.

Dieselpreis im monatlichen Durchschnitt
März 20222,14 Euro
März 20211,31 Euro
März 20201,15 Euro
März 20191,26 Euro
Quelle: ADAC

Ukraine-Krieg: Diesel könnte knapp werden – und Verbraucherkosten weiter steigen

In der Debatte, ob Deutschland sich bei Öl und Gas aus der Abhängigkeit von Russland befreien kann, wurde in den vergangenen Wochen immer wieder argumentiert, dass es gerade für Rohöl neben Russland zahlreiche weitere Anbieter gebe. Das ist auch richtig, so Thomas Puls, das Problem sei aber, dass sich aus Öl nicht in einem beliebigen Mengenverhältnis Diesel und Benzin herstellen ließe. Die Folge: Je nachdem, ob Diesel oder Benzin in den jeweiligen produzierenden Ländern dominiert, kommt es zu einem Überschuss oder Mangel des jeweiligen Kraftstoffs.

Auf Deutschlands Straßen fahren vergleichsweise viele Diesel-Fahrzeuge. Die Raffinerien produzieren demnach einen Überschuss an Benzin, der exportiert wird, können aber den eigenen Dieselbedarf nicht decken und das Land muss den Kraftstoff importieren. Russland bedient mit seinem Diesel aktuell rund 15 Prozent des deutschen Bedarfs, wie Thomas Puls in einer bislang unveröffentlichten Studie herausfand, die ntv vorliegt. Europaweit sind es sogar knapp 50 Prozent, so der Experte. Sollten die Lieferungen aus Russland infolge des Krieges in der Ukraine tatsächlich gänzlich ausbleiben, könnte es also zum Mangel kommen, da

  1. deutsche und europäische Raffinerien den eigenen Bedarf an Diesel nicht decken können und
  2. es auf dem Weltmarkt nur wenige Länder gibt, die entsprechende Mengen Diesel exportieren.
Das Tanklager der Total-Raffinerie in Leuna: Die Raffinerie verarbeitet bisher zwölf Millionen Tonnen Rohöl aus Russland pro Jahr, um daraus unter anderem Kraftstoffe wie Benzin und Diesel herzustellen.
Europäische Raffinerien, wie hier in Leuna sind bereits auf maximale Dieselproduktion ausgelegt – Das reicht allerdings nicht, um den Bedarf zu decken. © Jan Woitas/dpa

Sanktionen im Ukraine-Krieg: Bleiben russische Diesel-Importe bald aus?

Russland selbst plant eigenen Angaben zufolge zwar nicht, die Dieselimporte nach Westeuropa einzustellen, im Zuge der Sanktionen im Ukraine-Krieg fordern aber immer mehr Politikerinnen und Politiker den vollständigen Importstopp russischer Energie. „Bis Mitte des Jahres werden die russischen Ölimporte nach Deutschland voraussichtlich halbiert sein“, hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende März (25.03.2022) angekündigt. „Zum Jahresende streben wir an, nahezu unabhängig zu sein.“

Der französische Ölkonzern Total hat sogar bereits entschieden, seine Raffinerie in Leuna (Sachsen-Anhalt) künftig ganz ohne russisches Öl zu betreiben – was ein besonders harter Schlag für Russland sein dürfte. Rund zwölf Millionen Tonnen russisches Rohöl wurden hier bisher jährlich verarbeitet. Kommt es also zu der von Thomas Puls befürchteten Diesel-Knappheit infolge des Importstopps, dürfte sich das wieder auf den Dieselpreis und damit auch auf Transportkosten und etwa Lebensmittelpreise bei Aldi, Lidl, Rewe und Co. auswirken.

Steigende Verbraucherpreise: So könnte der Importstopp aus Russland klappen

Die Corona-Pandemie hatte die Energiepreise und Transportkosten schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine auf einen Höchststand getrieben. Bei einem Ende der Lieferungen aus Russland befürchten Experten wie Joachim Ragnitz, der Vizechef des Ifo-Instituts Dresden, oder Hendrik Mahlkow vom Kieler Institut für Weltwirtschaft, noch einmal massiv steigende Preise in Deutschland.

Das Ölembargo ließe sich nach Einschätzung von Mahlkow aber stemmen – durch eine radikale Senkung des Energieverbrauchs und durch staatliche Hilfen. Verbraucher können derweil versuchen, die größten Stromfresser in ihrem Haushalt zu identifizieren, um Energie zu sparen. Und auch beim Heizen können Sie mit wenigen Tricks viel Energie und Geld sparen. (iwe)

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