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Bank bestätigt Diebstahl von Kontendaten

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Paris - Für die Finanzwelt ist der Schock mindestens so groß wie für Steuerflüchtlinge: Ein Mitarbeiter der verschwiegenen HSBC Private Bank in Genf hat Kontodaten von Bankkunden gestohlen und der französischen Steuerfahndung übergeben.

Der Fall weckt Erinnerungen an den Ankauf gestohlener Bankdaten deutscher Steuersünder in Liechtenstein durch den Bundesnachrichtendienst. Die Veröffentlichung bringt den französischen Haushaltsminister Eric Woerth bei seiner Jagd auf Steuerflüchtlinge in der Schweiz in Bedrängnis. Woerth darf dabei Juristen zufolge keine gestohlenen Daten verwenden.

Ein IT-Entwickler hatte Ende 2006 bis Anfang 2007 die Computer der HSBC Private Bank in der Schweiz mit einem selbstentwickelten System durchforscht. Der Zeitung “Le Parisien“ (Mittwoch) zufolge knackte der Italo-Franzose “Antoine“ tausende Konten. Die Privatbank gibt allerdings nur einen Bruchteil zu. “Nach bestem Wissen der Bank“ liege die Zahl der potenziell Betroffenen unter zehn, heißt es.

Anfang 2009 kontaktierte “Antoine“ die höchsten französischen Steuerbehörden. Wenige Monate später überraschte Woerth die Öffentlichkeit mit der Erklärung, er besitze eine Liste von 3000 Franzosen, die in der Schweiz drei Milliarden Euro auf Nummernkonten deponiert hätten. Woerth bot den Steuersündern Straffreiheit an, wenn sie bis zum Jahresende ihre Steuern samt Bußaufschlägen nachzahlen. Jetzt steht Woerth unter dem Verdacht, sich auf gestohlene Daten zu stützen. “Nichts wurde gekauft“, sagte Woerth am Mittwoch. “Es gibt mehrere Quellen.“ Die Informationen seien von der Steuerfahndung legal ermittelt worden. “Halten sie die Steuerbehörden nicht für naiv. Kein Finanzamt kann sich heute Naivität erlauben.“

Auf “Antoines“ Kontoliste sollen auch ein Komiker und mehrere Politiker stehen. Dazu kommen Kolumbianer, chinesische Behörden und Codes, hinter denen Geheimdienste vermutet werden. Jetzt hat der 38- Jährige Angst. “Gewisse Kunden können ein gefährliches Profil haben“, sagte ein Ermittler dem “Parisien“ unter Anspielung auf die Mafia. Die Franzosen hätten ihrem Informanten aber eine neue Identität gegeben und überwachten ihn. Jetzt lebe “Antoine“ an der Côte d'Azur.

Die HSBC Private Bank zeigte den Datendieb an, die Schweiz fordert seine Auslieferung. Doch das kommt für Frankreich nicht infrage. Stattdessen übermittelten die Franzosen den Schweizern ein Vernehmungsprotokoll.

“Antoines“ Anwalt Patrick Rizzo beschreibt den Datendieb als Idealisten. Der Staatsanwaltschaft soll “Antoine“ erklärt haben: “Der wahre Dieb ist die Bank.“ Allerdings machte sich der Informatiker für die französischen Steuerfahnder unersetzbar, indem er die Kontodaten verschlüsselte. “Er hat Codes erarbeitet, und er kennt als einziger die Schlüssel“, sagte ein Ermittler dem Blatt.

Ähnlich wie “Antoine“ wird auch der Mitarbeiter der fürstlichen Liechtensteiner Bank LGT, der für 4,5 Millionen Euro Kontodaten an den deutschen Geheimdienst verkauft hatte, von Behörden geschützt. “Die Geheimdienste haben ihm ein neues Gesicht, neue Papiere und eine neue Zukunft bezahlt“, erklärte ein Ermittler dem “Parisien“. Der LGT-Deserteur hatte mit seinen Angaben 2008 spektakuläre Ermittlungen gegen 700 mutmaßliche deutsche Steuersünder ausgelöst. Er wird wegen einer Klage Liechtensteins international gesucht. Der Fall führte zu einer heftigen diplomatischen Verstimmung zwischen Berlin und Vaduz.

dpa

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