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Job-Beben auch bei Daimler: Neue Hiobs-Botschaft - Fallen tausende Stellen in Deutschland weg?

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Von: Florian Naumann, Maximilian Kettenbach, Patrick Freiwah

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Nachdem Audi einen massiven Stellenabbau verkündete, ergreifen auch BMW und Daimler Sparmaßnahmen. Aus Stuttgart gibt es eine neue Hiobs-Botschaft - der Betriebsrat ist erzürnt.

Update vom 3. Dezember 2019, 11.50 Uhr: Der angekündigte Stellenabbau des Autobauers Daimler, bei dem bis 2022 die Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro gesenkt werden sollen, trifft vor allem die Beschäftigten in Deutschland: "Zwei Drittel der Summe sollen in Deutschland eingespart werden", sagte Betriebsratschef Michael Brecht den Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung vom Dienstag. Das aber seien die Vorstellungen des Unternehmens: Weder das Einsparpotenzial noch ein Stellenabbau in der Größenordnung von mindestens 10.000 Menschen seien vom Betriebsrat abgesegnet worden.

Daimler hatte am Freitag angekündigt, weltweit mindestens 10.000 Stellen streichen und 1,4 Milliarden Euro Personalkosten einsparen zu wollen. Brecht zeigte sich irritiert darüber, dass der Konzern bereits eine konkrete Zahl genannt hat. Es sei vereinbart gewesen, nicht über Kopfzahlen zu reden, sagte er den Zeitungen.

Die "Mammutaufgabe" für das Unternehmen bestehe jetzt darin, die Abläufe so zu optimieren, dass sie von weniger Menschen erledigt werden können, ohne dass es zu einer Leistungsverdichtung komme, sagte Brecht weiter. Der Konzern wolle beispielsweise die Kosten senken, indem die Zahl der Zeitarbeiter im indirekten Bereich weiter reduziert wird. Dort seien Stand November 2019 rund 3000 Zeitarbeiter beschäftigt, sagte der Betriebsratschef.

Außerdem will der Konzern demnach Altersteilzeit für bestimmte Jahrgänge attraktiver machen. "Die Zahl der Beschäftigten in indirekten Bereichen in Deutschland, die potenziell noch in Altersteilzeit gehen könnten, liegt bei 2000 Menschen", sagte Brecht.

Übrigens: Nicht nur die Autobauer, auch ein europäischer Flugzeugbauer verzeichnet einen massiven Stellenabbau. Der Airbus-Konzern will mehr als 2300 Jobs streichen - die meisten davon in Deutschland. 

Job-Beben auch bei Daimler: 1,4 Milliarden Euro Personalkosten sollen gespart werden

12.31 Uhr: Das Sparprogramm beim Autobauer Daimler wird in den kommenden drei Jahren weltweit Tausende Arbeitsplätze kosten. Das gab der Konzern am Freitag in Stuttgart bekannt - nannte aber keine genaue Zahl. Vor allem will Daimler freiwerdende Stellen nicht nachbesetzen, dazu sollen die Altersteilzeit ausgeweitet und Mitarbeitern in der Verwaltung in Deutschland Abfindungen angeboten werden. Betriebsbedingte Kündigungen sind an den deutschen Standorten bis Ende 2029 ausgeschlossen - dabei bleibt es.

Vorstandschef Ola Källenius hatte Mitte des Monats schon angekündigt, konzernweit rund 1,4 Milliarden Euro Personalkosten einsparen und jede zehnte Management-Stelle streichen zu wollen, aber keine Details genannt. „Mit den jetzt gemeinsam mit dem Betriebsrat beschlossenen Eckpunkten zur Verschlankung des Unternehmens können wir dieses Ziel bis Ende 2022 erreichen“, betonte Personalvorstand Wilfried Porth in der Mitteilung. „Wir werden die Maßnahmen so sozialverträglich wie möglich gestalten.“ Wie genau die Eckpunkte umgesetzt werden sollen, werde in den kommenden Wochen ausgearbeitet.

Update vom 29. November, 11.37 Uhr: Nach den Hiobsbotschaften für viele Beschäftigte in den vergangenen Tagen, nun der nächste Hammer: Der Diesel-Skandal bei VW und Audi erlangt immer größere Ausmaße.

Update vom 28. November: Das Beben in der Autoindustrie betrifft nicht nur Audi und BMW, auch Bosch kündigt nun Stellenstreichungen an. Der Autozulieferer will im Geschäftsbereich Automotive Electronics bis Ende 2022 rund 600 Stellen abbauen.

Nach Audi: Auch Bosch streicht unzählige Stellen in Deutschland wegen der Autoindustrie

Betroffen von den Streichungen ist wohl vor allem der Standort Reutlingen - allein dort sollen 500 Stellen entfallen. Jobs fallen aber auch im fränkischen Ansbach und in Salzgitter in Niedersachsen weg. Der Grund für diese Maßnahme sei der rückläufige Automarkt, gibt das Unternehmen an. 

„Bosch erwartet bei der weltweiten Automobilproduktion 2019 ein Minus von sechs Prozent auf rund 91 Millionen Fahrzeuge“, sagte Bereichsvorstand Andreas Fischer. „Diese Entwicklungen wirken sich auch auf unser Geschäft aus.“ Ziel sei nun ein sozialverträglicher Abbau der Stellen über Altersteilzeit, Vorruhestandsregelungen und Abfindungen auf freiwilliger Basis. Darüber solle nun mit den Arbeitnehmervertretern verhandelt werden. Betriebsbedingte Kündigungen sind in Reutlingen bis 2025 ausgeschlossen.

Bosch hat in den vergangenen Wochen immer wieder neue Stellenabbaupläne für einzelne Standorte aus dem Automobilbereich angekündigt. Mit der jüngsten Ankündigung geht es nun insgesamt bereits um rund 3500 Arbeitsplätze.

Bosch kündigt weitere Stellenstreichungen an.
Bosch kündigt weitere Stellenstreichungen an. © dpa / Sebastian Kahnert

Job-Beben bei Audi - jetzt ergreift auch BMW drastische Maßnahme

Update von 17.15 Uhr: Der Jobabbau bei der angeschlagenen VW-Tochter Audi hätte offenbar deutlich schlimmer kommen können, wie die Deutsche Presse-Agentur auf Basis eines Schreibens des Betriebsrates erläutert. „Die „Giftliste“ des Vorstands war lang“, heißt es in dem zitierten und an die Beschäftigten gerichteten Bericht. Hierbei handelt es sich um eine ursprüngliche Zielsetzung beim Autohersteller. So sei zunächst der Abbau von sogar 14.000 Jobs angedacht gewesen.

Zwei positive Aspekte kamen in der ursprünglichen Variante der Audi-Planung offenbar gar nicht vor: Dabei handelt es sich einerseits um den Aufbau von bis zu 2000 neuen Arbeitsplätzen sowie die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie von 2025 auf das Jahresende 2029.

Nach Bekanntgabe von Audi verkündet auch BMW Maßnahmen

Update vom 28. November, 13.35 Uhr: Am Dienstag wurde bekannt, dass Volkswagens Premiumtochter Audi in den nächsten Jahren einen massiven Stellenabbau vollziehen wird. Konkurrent BMW befindet sich angesichts des großen Umbruchs in der Automobilindustrie in einer ähnlichen wirtschaftlichen Lage, verzichtet in seinem Sparpaket jedoch auf Stellenstreichungen. Stattdessen ergreifen die Münchner eine andere Maßnahme: 

Ab dem nächsten Jahr 2020 wird die Erfolgsprämie für die Arbeitnehmer um knapp 20 Prozent gekürzt, wie der Hersteller nach einer Betriebsversammlung am Mittwoch mitteilte. Im aktuellen Jahr zahlte der Traditionshersteller aus Bayern jeweils einen Betrag von 9175 Euro an die Belegschaft aus. Abgesehen davon werden die Erfolgsprämie und das Weihnachtsgeld für die BMW-Arbeitnehmer mit 40-Stunden-Vertrag künftig auf Basis einer 35-Stunden-Woche ausbezahlt - also um 1/8 gekürzt.

BMW kürzt Erfolgsprämien - Chef mit Seitenhieb

Der Vorstandsvorsitzende von BMW, Oliver Zipse, nimmt dazu Stellung - inklusive Seitenhieb in Richtung Audi: "Damit können wir auf drastische Maßnahmen verzichten, die andere gerade ergreifen, um ihre Kosten zu senken." Gesamtbetriebsratschef Manfred Schoch betonte, die "einzigartige Erfolgsbeteiligung" bei BMW habe langfristig abgesichert werden können. Dafür habe die Arbeitnehmervertretung in sechs Verhandlungen "intensiv" gerungen. Zudem sei es gelungen, einen dividenden-abhängigen Altersbaustein einzuführen. Das sei einmalig in der Autoindustrie.

BMW-Angestellte bekommen die Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage finanziell zu spüren
BMW-Angestellte bekommen die Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage finanziell zu spüren. © dpa / Rodrigo Cruz

Pro einem Cent Dividende sollen demnach 2,40 Euro in die Altersvorsorge der Arbeitnehmer fließen - bei einer Dividende von einem Euro wären das zum Beispiel 240 Euro. Diese Regelung ist gedeckelt bei einer Dividende von fünf Euro. Bislang zahlt BMW zehn Prozent der Erfolgsprämie in die Altersvorsorge ein. Die Regelungen betreffen laut einer Unternehmenssprecherin knapp 90.000 Beschäftigte. Insgesamt arbeiten weltweit 134.000 Menschen für BMW.

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich unterdessen zu den Sparplänen von Audi geäußert: „Dieser Abbau von mehreren 1000 Arbeitsplätzen in Ingolstadt ist ein schwerer Schlag für die Region“, sagte der Regierungspolitiker der Freien Wähler. Jedoch hob der 48-Jährige auch das Positive hervor: So sei die Beschäftigungsgarantie der VW-Tochter bis ins Jahr 2029 „ein Lichtblick“. Der Freistaat tue „alles, um die Arbeitsplätze in der Automobilbranche zukunftsfähig zu machen“. Erst am Montag hatte die Staatsregierung hunderte Millionen Euro für die Autobranche in Aussicht gestellt, wie Merkur.de* berichtete.

Stellenabbau bei Audi: Investitionen in Zukunftsbereiche Elektrifizierung und Digitalisierung

Update vom 27. November, 11.34 Uhr: Am Dienstag (26. November) kündigte Audi an, knapp 10.000 Stellen in Deutschland zu streichen und die Kapazitäten der Werke in Ingolstadt und Neckarsulm anzupassen. 

Mit den in der Grundsatzvereinbarung festgeschriebenen Maßnahmen will Audi bis 2029 rund sechs Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaften und unter anderem in die Zukunftsbereiche Elektrifizierung und Digitalisierung investieren. Der Ingolstädter Autokonzern verkaufte in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 900.000 Fahrzeuge, gut 200.000 weniger als im Vorjahr. Auch der Umsatz lag mit rund 41,3 Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert von knapp 44,3 Milliarden Euro.

Kritik von Lindner und Luksic aus der FDP an politischem Fokus der Bundesregierung

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Oliver Luksic erklärte, die Stellenstreichungen bei Audi resultierten aus der Unterauslastung der Werke und dem einseitigen politischen Fokus allein auf E-Autos. „Fahrverbote und Quotenregelungen kosten uns in Deutschland immer mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze.“ 

Deutschland werde in Zukunft neben Elektro auch Wasserstoff, Gas, Benzin und Diesel benötigen, zeigte er sich überzeugt. Die Bundesregierung müsse daher eine ausgeglichene Politik der Technologieoffenheit verfolgen, statt immer mehr Geld allein für E-Autos auszugeben. Auch Christian Lindner rügte das Vorgehen der Bundesregierung in seinem Beitrag während der Generaldebatte im Bundestag.

Audi-Beben: VW-Tochter streicht tausende Jobs - Stellenabbau entlang „demografischer Kurve“

Ursprungsartikel vom 26. November: Ingolstadt - Offenbar steht dem Ingolstädter Autobauer Audi ein massiver Stellenabbau ins Haus: Das Handelsblatt berichtet unter Berufung auf Konzernkreise, es sollen 9.500 Stellen in Deutschland gestrichen werden - das sei das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Management und Betriebsrat. Eine Pressemitteilung des Unternehmens bestätigt den Bericht.

Audi: „Sozialverträglicher Stellenabbau“ in Ingolstadt und Neckarsulm?

Andererseits könnten aber auch neue Jobs entstehen: Von 2.000 neuen Arbeitsplätzen in „Zukunftsbereichen“ ist die Rede - also etwa in Elektromobilität und Digitalisierung. Der Abbau solle „sozialverträglich“ und ohne betriebsbedingte Kündigungen ablaufen. Die 50.000 verbleibenden Beschäftigten sollen dem Bericht zufolge eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2029 erhalten.

In einer Pressemitteilung vom Dienstag (26. November) äußert sich Audi zu dem Stellenabbau: „Das Unternehmen muss schlank und zukunftsfähig aufgestellt sein. Das bedeutet, dass Jobprofile wegfallen und neue entstehen werden.“ Der Stellenabbau soll „entlang der demografischen Kurve“ geschehen, wie das Unternehmen schreibt „insbesondere durch Fluktuation und ein neues attraktives Vorruhestandsprogramm“. Die Besetzung der 2.000 neuen Stellen soll „nach dem Grundsatz intern vor extern“ erfolgen.

Kapazitäten in den beiden Audi-Standorten Ingolstadt und Neckarsulm angepasst

Audi und der Betriebsrat sind seit längerem in Verhandlungen über einen „Zukunftspakt“ für das unter Druck stehende Unternehmen. Zuletzt war dabei auch über die Kürzung von Kapazitäten in den Werken Ingolstadt und Neckarsulm gesprochen worden. Betroffen könnte also vor allem Süddeutschland sein. Anfang November hatte ein Audi-Sprecher dazu gesagt: „Es geht unter anderem darum, die Kapazitäten so auszurichten, dass die Werke insgesamt profitabel und wirtschaftlich flexibel arbeiten.“ 

Kreise: Audi-Zukunftspakt unmittelbar vor Abschluss
Kreise: Audi-Zukunftspakt unmittelbar vor Abschluss. © dpa / Ronald Wittek

Die Kapazitäten der deutschen Standorte werden im Rahmen der neuen Vereinbarung nach unten angepasst. In Neckarsulm soll sie künftig 225 000 Fahrzeuge pro Jahr betragen, in Ingolstadt 450 000. Vergangenes Jahr waren in den beiden Werken 186 000 beziehungsweise 491 000 Fahrzeuge produziert worden, die Kapazitäten lagen allerdings höher. In Neckarsulm soll sie eigentlich bei rund 300 000 liegen. Das Werk leidet seit längerem an Unterauslastung. In Ingolstadt wurden in der Vergangenheit auch schon mehr als 530 000 Autos gebaut.

Nach Dieselskandal: Audi auf Talfahrt - Konkurrenz Daimler und BMW ziehen vorbei

Audi ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015 auf Talfahrt und deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen. Der Skandal kostete Milliarden. Sechs Entwicklungschefs hatte Audi in den vergangenen sieben Jahren, die Autos verkaufen sich immer schlechter. Der künftige Audi-Chef Markus Duesmann soll den Autobauer wieder profitabler machen, enger mit Porsche und VW zusammenarbeiten und bis 2025 auch 30 E-Modelle auf den Markt bringen.

Audi hatte vor kurzem den früheren BMW-Vorstand Markus Duesmann zum seinem neuen Chef berufen

Einen ganz anderen Weg geht ein Münchner Start-Up: Drei Mittzwanziger wollen das erste Solar-Auto bauen - und verzichten dabei auf Groß-Investoren.

fn/pf mit AFP/dpa

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