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Wirbel um Münchner Konzern: Kritik um Dividende trotz Kurzarbeit

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Von: Florian Naumann

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Einiges an Corona-Hilfen des Staats könnte an unerwarteter Stelle enden. Ein Münchner Unternehmen wird wohl 200 Millionen Euro an einen einzigen Großaktionär ausschütten - trotz Kurzarbeit.

München/Berlin - Mittlerweile deutet sich auch in finanzieller Hinsicht der große Corona-Kater an: Die jüngste Steuerschätzung fiel verheerend aus, die deutsche Wirtschaft wird wohl in eine ausgewachsene Rezession schlittern - oder ist schon mittendrin. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Verteilungskämpfe um Steuergelder einsetzen.

Video: Coronavirus - BMW zahlt Milliarden Dividende trotz Staatshilfe

Coronavirus und die Wirtschaft: Dividende trotz Kurzarbeit - Münchner Unternehmen in der Kritik

Umso mehr gerät nun auch die Verteilung der Corona-Hilfen in den Fokus. Während einige Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige noch um Hilfen ringen, profitieren auch Großunternehmen von Regelungen wie der Kurzarbeit. Daran gibt es keine Kritik, die deutsche Kurzarbeit wird als vorbildliches Instrument der Krisen-Bewältigung gepriesen*. Wohl aber am Vorgehen einiger Profiteure des Instruments.

Ein Bericht des ARD-Magazins Panorama vom Donnerstag (14. Mai) wirft ein fragwürdiges Licht auf eine geplante Dividenden-Zahlung des Münchner Knorr-Bremse-Konzerns. Den Recherchen zufolge würde Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele von dieser mit 200 Millionen Euro profitieren - während das Unternehmen 4.000 seiner 5.500 Mitarbeiter auf Kurzarbeit gesetzt hat. Kritik in ähnlicher Sache gab es zuletzt auch an BMW.

Wirtschaft in der Corona-Krise: Streit um Staatshilfen - hunderte Millionen für Großaktionär?

Die Größenordnung scheint plausibel: 2018 hat Knorr-Bremse nach eigenen Angaben 282 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet. Im vergangenen Jahr steigerte der Bahn- und Lkw-Zulieferer seinen Gewinn nochmals auf nun über eine Milliarde Euro. Laut einem Bericht der Wirtschaftswoche hält Thiele 70 Prozent der Aktien.

Damit nicht genug: Der Bremsenhersteller hat laut Panorama auch „deutlich rückläufige Mitarbeiterzahlen angekündigt“. Thiele hat sich unterdessen beim kriselnden Riesen Lufthansa mit einem Aktienpaket eingekauft - er ist Berichten zufolge jetzt größter Einzelaktionär des Fliegers, der ebenfalls auf Staatshilfen hofft. Die Lufthansa-Jahreshauptversammlung 2020 wird daher mit Spannung erwartet.

Coronavirus: Linke empört über Dividende trotz Kurzarbeit - „Reichste verdienen“

Der Fall bestärkte unmittelbar die Bundestags-Linke in einer ihrer großen wirtschaftspolitischen Forderungen: „Gewinnausschüttungen wie Dividenden müssen ausgeschlossen sein, wenn der Steuerzahler mittelbar oder unmittelbar haftet“, sagte Fraktionsvize Fabio de Masi dem TV-Magazin.

Noch deutlicher wurde am Freitag Parteichef Bernd Riexinger. „Einer der reichsten Deutschen schickt 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit, kassiert aber 200 Millionen Dividende“, twitterte er: „An den Staatshilfen sollen die Reichsten nicht auch noch verdienen!“

Anfang Juni steht fest: Für Autos mit Verbrennermotor gibt es keine neue „Abwrackprämie 2.0“. Hat Markus Söder jedoch ein „trojanisches Pferd“ eingeschmuggelt?

Coronavirus: Staatshilfen trotz Dividende - Dänemark hat schon Regel verabschiedet

Andere europäische Länder verfahren bereits nach diesem Prinzip. Dänemark etwa beschloss Mitte April, einige Unternehmen von den Staatshilfen auszuschließen. Laut einem Bericht der Webseite bloomberg.com soll es kein Geld für Betriebe und Gesellschaften geben, die Dividenden zahlen, eigene Anteile zurückkaufen oder in sogenannten „Steueroasen“ Firmensitze haben.

Der Vorstoß fand auch damals schon in Deutschland erste Unterstützer: Der Chefökonom der Gewerkschaft ver.di, Dierk Hirschel lobte auf Twitter, Dänemark sanktioniere „asoziale Unternehmenspolitik“ - „Warum kann Berlin nicht, was in Kopenhagen und Paris möglich ist?“

Für die schwächelnde deutsche Wirtschaft sieht der Immobilienverband die gigantische Krise erst noch kommen. Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof will wegen den Folgen der Corona-Pandemie jetzt schon drastische Konsequenzen ziehen. Wegen Tochterfirmen in sogenannten Steueroasen kommt Lufthansa beim Rettungspaket in der Corona-Krise in Bedrängnis.

fn

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