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Experte: Zusatzbeiträge für Krankenkassen höher als gedacht

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Die Krankenkassen hatten wegen des erwarteten Defizits von rund vier Milliarden Euro 2010 vor flächendeckenden Zusatzbeiträgen gewarnt. © dpa

Berlin - Den gesetzlich Krankenversicherten drohen nach Expertenansicht teilweise höhere Zusatzbeiträge als von der Bundesregierung angenommen. Und das bereits im Jahr 2010.

"Es ist unvermeidbar, dass einzelne Kassen bereits im kommenden Jahr einen Zusatzbeitrag über acht Euro nehmen“, sagte der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.

Die Krankenkassen hatten wegen des erwarteten Defizits von rund vier Milliarden Euro 2010 vor flächendeckenden Zusatzbeiträgen gewarnt. Nach Angaben der Bundesregierung übersteigen sie acht Euro in der Regel wohl nicht. Ab dieser Schwelle müssen Kassen dabei die Einkommen prüfen. Der Obolus darf ein Prozent des Bruttoeinkommens des einzelnen Kassenmitglieds nicht überschreiten.

Die Kassen sähen sich unter Druck, den Obolus nicht als erstes zu verkünden, sagte Wasem. “Die öffentliche Aufmerksamkeit zu Beginn kann zu existenzbedrohenden Abwanderungen führen.“ Im Januar oder Februar würden dennoch die ersten Entscheidungen fallen.

“Wegen der Verwaltungskosten kommen von acht Euro höchstens sechs bei den Kassen an“, erläuterte Wasem. Je mehr eine Kasse nehme, desto eher liefen ihr Mitglieder mit höherem Einkommen davon. Manche Kassen bräuchten erst im Herbst Zusatzbeiträge. “Diese Kassen stehen vor der strategischen Frage, wie weit sie erst einmal ihre Rücklagen aufbrauchen.“

Ein bislang wenig beachteter Effekt steht nach Wasems Ansicht dem zentralen Koalitionskonzept einer Gesundheitspauschale unabhängig vom Einkommen entgegen. “Denn es hätte eine deutliche Schwächung der privaten Krankenversicherung (PKV) als Nebeneffekt“, sagte der Ökonom. “Die Koalition will die PKV aber stärken.“ Bisher lebe die PKV vor allem von Kunden, die als freiwillig Versicherte bei den gesetzlichen Kassen viel zahlen müssten. “Eine Pauschalprämie würde den Beitrag für Gutverdiener aber stark vermindern.“ Als Privatversicherte müssten sie dann im Vergleich mehr zahlen.

Die geplante Reform sollte nach Wasems Ansicht den Kassen zu mehr Wettbewerb verhelfen. “Es gibt Potenziale für mehr Wirtschaftlichkeit.“ Beispielsweise mehr Einzelverträge mit Ärzten steigerten aber den Druck auf die Mediziner. “Ich bin skeptisch, ob die FDP sich hier nicht eher als Interessenvertretung der etablierten Ärzteschaft sieht.“

Basil Wegener, dpa

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