Das Beste von Gestern: Die erste elektrische Reiseschreibmaschine

Wann sich meine Eltern eine elektrische Schreibmaschine von Triumph/Adler angeschafft hatten, weiß ich nicht mehr genau. Es war wohl Mitte der 70er Jahre. Gabriele 5000, so hieß sie, wohnte in ihrem kleinen Kunststoffkoffer in einer Nische neben dem Schlafzimmerschrank und hatte nicht viel zu tun.
Arbeit bekam sie, als ich im Gymnasium begann, meine Hausaufgaben auf ihr zu schreiben. Nachdem ich mir das Tippen mit zehn Fingern beigebracht hatte, ging das ziemlich schnell.
Im Studium leistete ich mir eine Typenradmaschine aus der selben Familie: Gabriele 8008 war schneller als ihre Vorgängerin und laut genug, um bei Nachtschichten für Seminararbeiten Nachbarn das Einschlafen zu vergällen, wenn man sie nicht auf eine dicke Unterlage stellte.
Ich tippte auf Trendsettern. Die Gabriele 5000, die ihren ersten großen Auftritt auf der Hannover Messe 1969 hatte, war die erste in Deutschland produzierte Reiseschreibmaschine. Die 1981 vorgestellte Gabriele 8008 war die erste hierzulande entwickelte und gefertigte vollelektronische tragbare Maschine.
1957 hatte der Fürther Unternehmer Max Grundig die Büromaschinenhersteller Adler (Frankfurt) und Triumph (Nürnberg) gekauft und fusioniert. Die neue Schreibmaschinenreihe nannte er nach seiner Enkelin Gabriele.
Anders als in den USA, wo elektrische Schreibmaschinen schon in den 50er-Jahren zum Büroalltag gehörten, kam der Markt in Deutschland und in Europa erst ab den 60er-Jahren in Schwung, sagt Franz Lämmel, der für Triumph/Adler die Firmengeschichte aufgearbeitet hat. Mit der Neukonstruktion einer „electric“-Baureihe von Büroschreibmaschinen ab 1962 boxte sich Triumph/Adler an die Spitze des Weltmarkts und schaffte in den USA den Durchbruch. Die Gabriele 5000 wiederum ergänzte die erfolgreiche mechanische Gabriele-Reihe. Um die 950 Mark kostete die elektrische Reiseschreibmaschine, deren Produktion 1981 auslief. Insgesamt wurden 280 000 bis 300 000 Stück hergestellt, schätzt Frank Lämmel.
Als 1980 die Typenradmaschinen aufkamen – die Buchstaben saßen auf einem sich drehenden Rad, das sich rasch auswechseln ließ – reagierte Triumph/Adler mit der Gabriele 8008. Damals kam etwa jede neunte Schreibmaschine auf der Welt von den Nürnbergern. Mit 1,9 Milliarden Mark (rund eine Mrd. Euro) Umsatz und über 1100 Mitarbeitern erlebten sie eine Blütezeit.
Allein zwei Mio. elektronische Schreibmaschinen aller Größen produzierten sie von 1980 bis 1985. Die tragbaren Typenrad-Gabrieles kosteten 1000 bis 1400 Mark.
Doch ab 1986 ließ das Geschäft nach. Zwei Jahre später wurde die Schreibmaschinenfertigung eingestellt. „Nach unserer Kenntnis werden heute keine Schreibmaschinen mehr unter der Marke Triumph/Adler hergestellt, so Lämmel.
Traditionsfirmen Triumph und Adler
1957 kaufte Max Grundig die Traditionsunternehmen Triumph und Adlerwerke. 1960 gab er Triumph/Adler an den Litton-Konzern ab. 1979 wanderte der Büromaschinenhersteller zu Volkswagen, 1986 zu Olivetti (Italien).
1994 kaufte ein Aktionärskonsortium die inzwischen in TA umbenannte AG. 2008 übernahm Kyocera (Japan) die Mehrheit. Heute vertreibt TA mit 1500 Mitarbeitern Kopierer und Faxgeräte und bietet für Unternehmen Lösungen für das Dokumenten-Management.
Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahrs 2010/11 (31. März) fiel bei einem Umsatz von 143,5 Millionen Euro ein Verlust von 11,3 Mio. Euro nach Steuern an. 2010 wurde bekannt, dass die Konzernzahlen ab 2007 zu gut ausgewiesen wurden. Ein Geschäftsführer musste gehen. (wll)
Von Barbara Will
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion