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HRE-Aktien für die Tochter: Familienvater zieht vor Gericht

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Leidtragende der HRE-Verstaatlichung: Bohdan Kalwarowskyj und seine Tochter. © dpa

München - Als sorgender Familienvater wollte Bohdan Kalwarowskyj mit HRE-Aktien seine Tochter finanziell unterstützen. Vor zwei Jahren waren die Aktien noch grundsolide. Nun wurde auch er enteignet - und zieht vor Gericht.

In Finanzfragen kennt sich der Steuerberater Bohdan Kalwarowskyj eigentlich bestens aus. Eine Geldanlage in Aktien der Hypo Real Estate schien ihm deshalb eine sichere Sache: Der DAX- Wert galt als grundsolide, als er die Papiere vor zwei Jahren zum Preis von 37

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Euro für seine damals 14-Jährige Tochter Daniela kaufte. Er hat rund 5000 Euro mit den Aktien verloren und macht dafür neben dem ehemaligen Management auch den Bund verantwortlich, dem er die Papiere nach der Verstaatlichung der Bank zum Schleuderpreis von 1,30 Euro verkaufen musste. Am Donnerstag stand der Familienvater zusammen mit seiner Tochter im ersten Prozess um die HRE-Verstaatlichung in München vor Gericht.

“Mir geht es nicht ums Geld, sondern darum, wie der Staat mit uns umgegangen ist“, sagte das Mädchen. Sie ist eine von sechs ehemaligen HRE-Aktionären, die in dem Verfahren vor dem Landgericht Anfechtungsklage gegen den entscheidenden Beschluss der Hauptversammlung im Sommer erhoben. Damit sorgen die Anleger dafür, dass sich die deutschen Gerichte erstmals in allen Einzelheiten mit der Vorgehensweise des Staates auseinandersetzen müssen.

“Der Staat hat die Bürger enteignet und erpresst“ 

Angesichts der Notlage der HRE war der Bund bei der Verstaatlichung im Eiltempo vorgegangen: Innerhalb von nur einem Jahr fing er die HRE mit Milliardenhilfen auf, hielt sie monatelang am Leben und brachte sie dann mit einem eigens dafür geschaffenen Gesetz zu 100 Prozent in seinen Besitz. Den letzten Aktionären zahlte er eine Abfindung und nahm ihnen die Anteile vor ein paar Wochen trotz massiver Proteste ab. Eine derartige Zwangsverstaatlichung gab es in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.

“Der Staat hat die Bürger enteignet und erpresst“, sagt Kalwarowskyj, der seine Tochter in dem Verfahren vertritt, weil sie noch nicht volljährig ist. Sie ist nicht sein einziges Kind, das mit den HRE-Aktien viel Geld verloren hat. Auch seinen drei weiteren Sprösslingen hatte er zur Geburt ein Aktiendepot eingerichtet - und in allen befanden sich die Aktien der HRE. Jetzt gehören sie alle dem Bund. “Das ist eine Enteignung, gegen die wir uns wehren müssen.“

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Die Verfahrenskosten von fast 9000 Euro allein für die erste Instanz hätte er sogar in Kauf genommen, um für die Rückgabe der Aktien zu kämpfen. Der Vorsitzende Richter Helmut Krenek stellte aber Prozesskostenhilfe in Aussicht. In einem Sozialstaat müsse jeder die Möglichkeit zum Rechtsstreit haben. “Das kann nicht davon abhängig sein, ob man genug Geld auf dem Konto hat oder nicht.“

Bei der ersten Instanz wird der Prozess aber wohl nicht bleiben. Krenek wird den Fall voraussichtlich zunächst dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorlegen. Dieser müsste dann klären, ob es zulässig ist, Aktionäre im Notfall mit einer Frist von nur einem Tag zu einer Hauptversammlung einzuladen. Diese Möglichkeit war in dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz geschaffen worden. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil in Sachen HRE werden wohl noch Jahre vergehen.

dpa

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