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Patientenverfügung: Die Lebens-Entscheidung

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Für den Ernstfall vorsorgen, können Patienten mit einer Verfügung oder einer Vollmacht. Die Formulierungen sollten wohlüberlegt, exakt und individuell sein

Jeder Mensch kann aufschreiben, welche Behandlung er will oder ablehnt. Doch manche Patientenverfügungen enthalten drastische Entscheidungen. Finanztest erklärt, worauf Patienten achten müssen.

Die Möglichkeit einer Patientenverfügung ist seit September 2009 im Gesetz verankert. Seither kann jeder erwachsene Mensch verbindlich festhalten, welche Behandlung er wünscht oder ablehnt. Das tut er für den Fall, dass er sich einmal nicht mehr äußern kann. Der Patientenwille zählt selbst dann, wenn er den Prinzipien von Heilung und Linderung entgegensteht, betont die Zeitschrift Finanztest in ihrer aktuellen Ausgabe (Februar 2011). Daher ist eine Patientenverfügung nur sinnvoll, wenn ein Mensch sich über die Folgen im Klaren ist. Wichtig ist ein Gespräch mit einem Arzt und den Angehörigen.

„Passive Sterbehilfe“

Eine „passive Sterbehilfe“ ist erlaubt. Sofern vom Patienten ausdrücklich gewünscht, dürfen Ärzte eine Behandlung abbrechen, auch wenn das den Tod zur Folge hat – zum Beispiel wenn sie die künstliche Ernährung beenden. Weiterhin verboten bleibt jedoch die „aktive Sterbehilfe“ – eine Giftspritze darf ein Arzt nicht geben – auch wenn ein Patient es nachdrücklich verlangt.

Erst gut überlegen

Mediziner und Patientenrechtler warnen davor, eine Verfügung übereilt abzuschließen. Schließlich hat dieser Wille großes Gewicht und weitreichende Konsequenzen. Oftmals verfügen Menschen unbedarft, weil sie Angst haben den Ärzten oder den Angehörigen zur Last zu fallen – besonders in der Nachkriegsgeneration sei dieses Phänomen zu beobachten. „Die meisten Menschen haben keine klare Vorstellung von der Behandlung und formulieren schwammig“, kritisiert Achim Jörres, Facharzt für Innere Medizin und Nierenkrankheiten. Er leitet die Intensivstation der Berliner Charité. Oftmals müssten Ärzte Verfügungen interpretieren. Formulierungen wie „keine Besserung in Sicht“ oder „keine Intensivmaßnahmen“ seien zu ungenau.

Exakt formulieren

Für eine Patientenverfügung gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Form, erklärt Finanztest. Allerdings ist es sinnvoll das Schreiben mit Datum und Unterschrift zu versehen, damit niemand an der Echtheit zweifelt, sowie mit eigenen Worten die eigenen Wünsche zu beschreiben, damit Mediziner und Angehörige die Entscheidungen verstehen und nachvollziehen können.

Wer sich vor starken Schmerzen fürchtet, kann in seiner Verfügung festhalten, dass für ihn Schmerzlinderung Priorität hat – auch wenn die Medikamente das Bewusstsein trüben oder das Leben verkürzen.

Zudem kann eine Verfügung eingegrenzt werden, zum Beispiel auf Fälle, in denen sich ein Mensch „im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befindet, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist“. So schlägt es das Bundesjustizministerium vor.

Wer eine Verfügung verfassen möchte, sollte nicht nur an schwere

Krankheiten

kurz vor dem

Tod

denken, sondern auch an die Pflege-Situation. Viele Menschen sind über Jahre pflegebedürftig, daher sollten auch Anweisungen und Wünsche für den Pflegalltag in das Schreiben aufgenommen werden. So ist es möglich, darin festzuhalten, was einen beruhigt, was einen aufregt, welche Gerüche oder

Musik

man gerne hat.

Vorsorgevollmacht

Statt einer Patientenverfügung gibt es die Möglichkeit eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Mit diesem Dokument kann jeder erwachsene Mensch einen anderen Erwachsenen bevollmächtigen, ihn gegenüber Ärzten, Behörden und anderen zu vertreten. Ist zusätzlich eine Patientenverfügung vorhanden, muss sich der bevollmächtigte daran halten.

Tipps für den Ernstfall

-Patientenverfügung: Bringen Sie Ihre Wünsche zur medizinischen Behandlung nur zu Papier, wenn Sie sich über die Folgen im Klaren sind. Die Ärzte sind an Ihren Willen gebunden. Lassen Sie sich von einem Arzt beraten und sprechen Sie mit Angehörigen und Bekannten. Beschreiben Sie Ihre Wünsche genau und in eigenen Worten.

-Vorsorgevollmacht: Eine Vorsorgevollmacht ist sinnvoll, egal ob Sie eine Patientenverfügung haben oder nicht. Sie bestimmen einen Menschen, der für Sie entscheidet und – falls vorhanden – die Verfügung auslegt.

-Form: Zu Verfügung und Vorsorgevollmacht gehören Ort, Datum und Unterschrift. Eine Beurkundung durch einen Notar ist meistens nicht notwendig. Wie Sie die Dokumente schreiben, erfahren Sie zum Beispiel auch beim Bundesjustizministerium im Internet unter www.bmj.de, Suchworte „Betreuungsrecht“ und „Patientenverfügung“.

-Machen Sie Ihr Umfeld auf die Schreiben aufmerksam oder tragen Sie einen Hinweis bei sich. Überprüfen Sie die Papiere alle zwei Jahre oder vor einer wichtigen Behandlung. Sie können Ihre Wünsche jederzeit ändern.

Checkliste: Patientenverfügung selbst formulieren

Wichtige Bestandteile:

-Name, Wohnort und Geburtsjahr

-Eine Bemerkung, wann genau die Verfügung gilt – oder wann nicht

-Anweisungen für Behandlung und Pflege, so konkret wie möglich

-Eine Erklärung, dass man bei klarem Verstand ist und die Folgen kennt

-Ort, Datum und Unterschrift

Ergänzungen:

-Wertvorstellungen, persönliche Erfahrungen, Ängste und Wünsche

-Hinweise zu Organspenden

-Kombination mit Vorsorgevollmacht, Hinweise auf weitere Schreiben

-Wünsche zum Ort des Sterbens und zur Sterbebegleitung

-Aktualisierung mit Unterschrift

Wichtig ist, sich als Laie nicht ohne Beratung etwa durch den Hausarzt an eine Verfügung zu setzen. Hilfe gibt es unter anderem bei der gemeinnützigen Bundeszentralstelle Patientenverfügung in Berlin (www.patientenverfuegung.de, Mo, Di, Do, und Fr von 10–17 Uhr Telefon: 030/ 61 39 04-11, -12 Telefax: 030 613904-36).

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