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„Schlecker ist bloß der Buhmann“

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Fachmann für Leiharbeit: Prof. Dr. Klaus Dörre.
Fachmann für Leiharbeit: Prof. Dr. Klaus Dörre.

Berlin/ Ehingen. Drogerist unter Druck: Politik und Gewerkschafter kritisieren die Personalpolitik von Schlecker. Ihr Vorwurf lautet Missbrauch der Leiharbeit mit dem Ziel, die Löhne zu drücken. Wir sprachen mit Arbeitssoziologe Prof. Dr. Klaus Dörre über legales Lohndumping. Für Dörre ist Schlecker aber nur die Spitze des Eisberges.

Politik und Gewerkschaft schieben Schlecker den schwarzen Peter zu. Gibt es dieses System des Lohndumpings tatsächlich nur dort?

Prof. Dr. Klaus Dörre: Das Problem ist weitaus größer und Schlecker bloß der Buhmann. Ich glaube sogar, dass Schlecker bewusst ausgewählt wurde. Gegen ein großes Unternehmen lässt sich leichter eine Öffentlichkeit mobilisieren. Dabei gibt es sehr viel mehr Unternehmen, deren Leiharbeiter-Anteil bei 30 bis 40 Prozent liegt. Mit der ursprünglichen Idee, mit Zeitarbeit kurzfristige Produktionsspitzen abzufangen, hat das nichts mehr zu tun.

Was muss sich rechtlich ändern, um den Missbrauch der Zeitarbeit zu stoppen?

Dörre: Damit Leiharbeit nicht länger ein Einfallstor für Lohndumping ist, brauchen wir eine gesetzlich verankerte Befristung. Die gab es mal. Es muss klar festgehalten werden, dass Leiharbeit keine reguläre Erwerbsarbeit ersetzen darf. Um schwarze Schafe aufzudecken, halte ich Rating-Agenturen für sinnvoll, die Zeitarbeitsfirmen qualitativ vergleichen.

Laut Studie sind nur noch 60 Prozent aller Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Wohin führt die Entwicklung?

Dörre: Schlecker ist ein so genannter „First mover“. Wenn es die Möglichkeit gibt, Regeln kreativ – ich sage lieber sittenwidrig – auszulegen, dann wird das genutzt. Wenn Schlecker die Kosten auf diese Weise senkt, wächst der Druck in der Branche. Die Konkurrenz ist gezwungen nachzuziehen. All das passt in eine Tendenz, die ich Verrohung des Arbeitsmarktes nenne.

Von Bastian Ludwig

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