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Nach AKW-Pannen: Vattenfall entlässt Konzern-Chef

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Das Kernkraftwerk im schleswig-holsteinischen Krümmel bei Geesthacht. © dpa

Stockholm/Berlin - Die Pannenserie in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel hat personelle Konsequenzen. Wie der schwedische Betreiber Vattenfall ankündigt, wird Konzernchef Josefsson seinen Hut nehmen.

Der wegen der Pannenserie in seinen deutschen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel massiv in die Kritik geratene schwedische Energiekonzern Vattenfall steht vor einem Führungswechsel. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Lars Westerberg am Freitag in Stockholm ankündigte, soll für Konzernchef Lars G. Josefsson (59) “in wenigen Wochen“ ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin präsentiert werden. Schwedens Wirtschaftsministerin Maud Olofsson erklärt, sie wolle einen Wechsel an der Spitze des Staatskonzerns “so schnell wie möglich“.

Olofsson hatte am Vorabend eine von Josefsson im letzten Jahr unterzeichnete Haftungsverpflichtung für Unfälle in Vattenfalls norddeutschen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel als “nicht akzeptabel“ bezeichnet. Danach muss der Mutterkonzern in letzter

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Instanz für alle Schäden haften. Die Regierung sei bisher davon ausgegangen, dass es nur eine Haftung für die deutsche Tochter Vattenfall Europe gebe und das Unternehmen in Schweden durch “brandsichere Wände“ davon abgetrennt sei. Das Bundesumweltministerium betonte am Freitag, die Betreiber von Kernkraftwerken in Deutschland müssen für Unfälle und Pannen ihrer Atommeiler in vollem Umfang haften. Diese Regelung existiere seit 1985, sagte ein Sprecher des Ministeriums. In Deutschland geht es in dieser “theoretischen“ Diskussion um die Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel. Hierfür ist nach dem deutschen Atomgesetz generell eine Deckungsvorsorge je Reaktor bis zur Höchstgrenze von 2,5 Milliarden Euro zu treffen, wie aus einer der Deutschen Presse- Agentur dpa vorliegenden Information des Bundesumweltressort vom April 2008 hervorgeht.

Vattenfall-Aufsichtsratschef Westerberg erklärte: “Vattenfall war sich vielleicht nicht ganz über alle Restrisiken in dieser Sache im Klaren.“ In Stockholmer Medienberichten hieß es, Josefsson habe mit seiner Unterschrift ohne Absprache mit der Regierung als einzigem Eigner das komplette Unternehmen in Deutschland “verpfändet“. Sollte die volle und unbegrenzte Haftung eintreten, sei Schwedens wichtigster Stromversorger sofort bankrott. Josefsson meinte, der Haftungsvertrag mit der Bundesregierung könne “jeden Tag gekündigt und geändert werden“.

Ihm wird von der Regierung auch die Pannenserie in Krümmel und Brunsbüttel sowie schwedischen Vattenfall-Atomreaktoren, der schlechte Ruf des Unternehmens und die Konzentration auf nicht erneuerbare Energien wie Atomkraft, Kohle und Gas angelastet. Der seit 2000 amtierende erklärte im Rundfunk, er wolle bis zu seinem 60. Geburtstag in knapp einem Jahr im Amt bleiben. Die massive Kritik der letzten Tage beruhe auf “Falschmeldungen und Halbwahrheiten“.

Für die Grünen im Europaparlament verlangte Fraktionschefin Rebecca Harms einen grundlegende Strategiewechsel bei Vattenfall. Sie sagte zu der angekündigten Ablösung von Lars G. Josefsson an der Spitze des Staatskonzerns: “Das reicht allein nicht.“ Vattenfall müsse in mehreren europäischen Ländern sein “rückwärtsgewandtes Setzen auf Atomkraft und Kohle und in Deutschland vor allem die verrückten Braunkohle-Aktivitäten aufgeben.“

Nach Meinung des Sprechers der bundesweiten Anti-Atom- Organisation (AAO), Jochen Stray, zeigt “die Aufregung in der schwedischen Regierung über Josefssons Haftungserklärung, dass die Verantwortlichen in Stockholm einen Super-GAU in Krümmel oder Brunsbüttel durchaus für möglich halten“.

dpa

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