Neue Entdeckung im Erdinneren – „Wichtig für das Verständnis der Plattentektonik“
Ein Forschungsteam macht im Erdinneren eine erstaunliche Entdeckung. Sie könnte wichtig sein für das Verständnis von Erdbeben.
Austin – Erdbeben können wahre Urgewalten sein, bei denen kein Stein auf dem Anderen bleibt. Das haben gerade erst die heftigen Erdbeben gezeigt, die in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien für Verwüstung gesorgt und tausende Menschen das Leben gekostet haben. Um Erdbeben besser zu verstehen, arbeiten Forscherinnen und Forscher in aller Welt daran, die Plattentektonik besser zu verstehen, berichtet fr.de.
Diese findet in der obersten Schicht der Erde statt, in der sogenannten Lithosphäre. Zu ihr gehören die Erdkruste und der äußerste Teil des Erdmantels. Sie besteht aus einzelnen Platten – den tektonischen Platten oder Kontinentalplatten, die sich bewegen und verschieben, was zu Erdbeben führen kann. Unterhalb der Lithosphäre schließt sich die Asthenosphäre an, die für die Plattentektonik von Bedeutung ist, weil sie eine relativ weiche Grenze bildet, durch die sich tektonische Platten durch den Erdmantel bewegen können.
Erdbeben-Forschung: Neue Erdschicht in 160 Kilometern Tiefe entdeckt
In dieser Region hat ein Forschungsteam der Universität von Texas in Austin nun eine neue Entdeckung gemacht. Die Studie dazu wurde im Fachjournal Nature Geoscience publiziert. Die neue Erkenntnis des Forschungsteams: Offenbar erstreckt sich in einer Tiefe von etwa 160 Kilometern eine Schicht mit teilweise geschmolzenem Gestein über die gesamte Erdkugel. Sie zählt zur Asthenosphäre, in der die Wissenschaft bereits vor der neuen Studie Flecken teilweise geschmolzenen Gesteins kannte.
Tektonische Platten der Erde |
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Nordamerikanische Platte |
Eurasische Platte |
Südamerikanische Platte |
Afrikanische Platte |
Antarktische Platte |
Australische Platte |
Pazifische Platte |
Kleinere Platten wie z.B. Nazca-Platte, Indische Platte, Arabische, Platte oder Karibische Platte |
Die Forschungsgruppe analysierte seismische Daten von 716 Messstationen weltweit und suchte dabei nach Anzeichen von Veränderungen der Festigkeit von Gestein. Beispielsweise werden seismische Wellen eines Erdbebens verlangsamt oder gestreut, wenn sich der Aggregatzustand von Gestein ändert. In einer Tiefe von etwa 160 Kilometern wurde das Forschungsteam fündig: Hier änderte sich plötzlich die Laufzeit der seismischen Wellen. Die Grenzschicht bremste die Erdbeben-Wellen deutlich ab, danach beschleunigten sie wieder.
Entdeckung im Erdinnern ist wichtig, spielt aber keine Rolle bei Plattentektonik
Eine Rolle bei der Plattentektonik spielt die neu entdeckte Erdschicht aber offenbar nicht. „Wenn wir uns vorstellen, dass etwas schmilzt, denken wir intuitiv, dass die Schmelze eine große Rolle bei der Viskosität des Materials spielen muss“, erklärt der Studienleiter Junlin Hua in einer Mitteilung. „Wir haben jedoch festgestellt, dass selbst bei einem recht hohen Schmelzanteil die Auswirkungen auf den Mantelfluss sehr gering sind.“

Nach Angaben von Thorsten Becker, Co-Autor der Studie, ist die neue Entdeckung ein Vorteil für die künftige Forschung: „Der Nachweis, dass die geschmolzene Schicht keinen Einfluss auf die Plattentektonik hat, bedeute eine knifflige Variable weniger für Computermodelle der Erde“, so Becker. „Aber ich denke, es bringt uns dazu, diese Beobachtungen der Schmelze als einen Hinweis darauf zu sehen, was in der Erde vor sich geht, und nicht unbedingt als einen aktiven Beitrag zu irgendetwas.“
Die Seismologin Karen Fischer, die ebenfalls an der Studie beteiligt war, ist sich sicher: „Diese Arbeit ist wichtig, weil das Verständnis der Asthenosphäre und der Gründe für ihre Schwäche grundlegend für das Verständnis der Plattentektonik ist.“ (tab)
Erst kürzlich zeigte eine Studie aus China, dass der innere Erdkern offenbar aufgehört hat, sich relativ zum Erdmantel zu drehen. Der Erdkern selbst ist dabei so heiß wie die Oberfläche der Sonne.