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„Verbotener“ Planet stellt aktuelle Erkenntnisse der Planeten-Entstehung infrage

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Von: Tanja Banner

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Ein Forschungsteam entdeckt ein Planetensystem, das die bisherige Forschung auf den Kopf stellt: Ein viel zu großer Gasriese umkreist einen roten Zwerg.

Washington D.C. – Die Forschung kennt mehr als 5000 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, sogenannte Exoplaneten. Darunter sind mehrere Himmelskörper, die äußerst exotisch erscheinen – beispielsweise ein „Höllenplanet“, dessen Oberfläche aus flüssiger Lava besteht. Ein anderer Exoplanet gilt der Forschung als „Schlüssel-Planet“. Nun hat eine Forschungsgruppe der Carnegie Institution for Science in Washington D.C. einen Exoplaneten entdeckt, der die Forschung verblüfft und lange gehegte Vorstellungen über die Entstehung von Planeten infrage stellt.

Ein Team von Astronominnen und Astronomen um Shubham Kanodia hat mithilfe des Nasa-Weltraumteleskops „Tess“ ein äußerst ungewöhnliches Planetensystem entdeckt: Der kleine rote Zwergstern TOI-5205 wird von einem großen Gasplaneten umkreist. Was sich erst einmal nicht ungewöhnlich anhört, ist für die Forschenden spektakulär: Zwar haben rote Zwergsterne im Durchschnitt mehr Planeten als größere Sternentypen – doch bisher ging die Forschung davon aus, dass es unwahrscheinlich ist, dass im Orbit um einen roten Zwergstern ein großer Gasplanet entstehen kann.

Exoplanet ist viel zu groß für den Stern, den er umkreist

Doch genau das haben Kanodia und sein Team entdeckt: Der Exoplanet TOI-5205b umkreist den kleinen roten Zwergstern TOI-5205. „Nach unserem derzeitigen Verständnis der Planetenentstehung dürfte TOI-5205b nicht existieren; er ist ein ‚verbotener‘ Planet“, erklärt der Forscher in einer Mitteilung. Die Forschungsarbeit zum Thema wurde im Fachmagazin The Astronomical Journal veröffentlicht.

Rote Zwergsterne sind kleiner als unsere Sonne, nur etwa halb so heiß und rot. Sie haben eine sehr geringe Leuchtkraft, aber eine extrem lange Lebensdauer und zählen zu den Sternen, die in der Milchstraße am häufigsten vorkommen. Bisher wurden zwar einige Gasplaneten um ältere Zwergsterne entdeckt – doch noch nie wurde ein Gasgigant um einen so kleinen Zwergstern wie TOI-5205 gefunden. „Der Wirtsstern TOI-5205 ist nur etwa viermal so groß wie der Jupiter, und doch hat er es irgendwie geschafft, einen Planeten von der Größe des Jupiters zu bilden, was ziemlich überraschend ist“, betont Kanodia.

Name:TOI-5205
Typ:roter Zwergstern
Größe/Masse:40 % der Sonne
Temperatur:3100° Celsius (Sonne: 5500° Celsius)
Planeten:bisher 1 bekannt

Forschungsteam ist von Fund im Weltall verblüfft

Um die Größenverhältnisse zu illustrieren, greift das Forschungsteam zu Vergleichen mit Obst: Der Jupiter, der um die Sonne kreist, wäre in diesem Fall eine Erbse, die sich um eine Grapefruit dreht. Das neu entdeckte Planetensystem vergleichen die Forschenden mit einer Erbse, die um eine Zitrone kreist. Der Gasplanet TOI-5205b blockiert dem Forschungsteam zufolge etwa sieben Prozent des Lichts seines Sterns, wenn er vor ihm vorbeizieht.

Künstlerische Darstellung des großen Gasplaneten TO-5205b, der den kleinen roten Zwergstern TOI-5205 umkreist.
Künstlerische Darstellung des großen Gasplaneten TO-5205b, der den kleinen roten Zwergstern TOI-5205 umkreist. © Katherine Cain/Carnegie Institution for Science

Planeten entstehen in einer rotierenden Scheibe aus Gas und Staub, die junge Sterne umgibt. Der gängigen Theorie zufolge benötigt ein Gasplanet zur Entstehung etwa zehn Erdmassen an Material, um den massiven Gesteinskern in seinem Inneren zu bilden. Anschließend sammelt er in seiner Umgebung große Mengen von Gas auf und wird immer größer.

Exoplanet TOI-5205b dürfte eigentlich nicht existieren

„Die Existenz von TOI-5205b erweitert das, was wir über die Scheiben wissen, in denen diese Planeten geboren werden“, erklärt Kanodia. Sei am Anfang nicht genügend felsiges Material vorhanden, um den Kern zu bilden, könne sich kein Gasriese bilden. Und auch wenn die Scheibe verdampfe, bevor sich der massive Kern gebildet habe, entstehe kein Gasplanet, so der Fachmann. „Und doch hat sich TOI-5205b trotz dieser Leitplanken gebildet“, wundert sich Kanodia. Das Forschungsteam geht davon aus, dass in der protoplanetaren Scheibe um den Stern TOI-5205 angesichts dessen Größe nur vier bis fünf Erdmassen Staub und Gestein vorhanden gewesen sein dürften.

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In Zukunft will die Forschungsgruppe den neu entdeckten Exoplaneten mithilfe des „James Webb“-Weltraumteleskops weiter untersuchen. Das neue Teleskop könnte unter anderem herausfinden, ob der Planet eine Atmosphäre hat und wie diese beschaffen ist. (tab)

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