Schwarzes Loch zieht Spur aus neuen Sternen durchs Weltall

Offenbar wurde ein schwarzes Loch aus seiner Galaxie geschleudert. Nun rast es durchs Weltall und zieht eine Spur neuer Sterne hinter sich her.
New Haven – Im Zentrum großer Galaxien befinden sich supermassereiche schwarze Löcher, die sich von allem ernähren, was ihnen zu nahe kommt: Gas, Staub und Sterne beispielsweise. In der Regel bleiben die supermassereichen schwarzen Löcher – eines von ihnen befindet sich auch im Zentrum der Milchstraße – an ihrem Platz. Doch in seltenen Fällen kann ein schwarzes Loch aus seiner Galaxie herausgeschleudert werden.
Eine neue Studie, die bisher nur auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht, jedoch bereits vom Fachmagazin Astrophysical Journal Letters akzeptiert wurde, berichtet nun von einem supermassereichen schwarzen Loch. Das wurde aus seiner Galaxie geschleudert und rast nun durch das Weltall. Auf seinem Weg erzeugt das riesige schwarze Loch der internationalen Forschungsgruppe zufolge Schockwellen und löst die Entstehung von Sternen aus.
Supermassereiches Loch wurde aus seiner Galaxie geschleudert
Die Forschungsgruppe um den Astronomie- und Physikprofessor Pieter van Dokkum von der Universität Yale geht davon aus, dass das schwarze Loch aus seiner Galaxie geschleudert wurde, als diese mit einer weiteren Galaxie verschmolzen ist. Bei diesem Prozess treffen sich zwei supermassereiche schwarze Löcher, die sehr lange friedlich koexistieren können. Spätestens wenn jedoch eine dritte Galaxie mit einem weiteren supermassereichen schwarzen Loch dazukommt, kann es dazu führen, dass eines der schwarzen Löcher aus der Galaxie „gekickt“ wird.
Obwohl supermassereiche schwarze Löcher riesig sind, sind sie nur schwer zu finden, da sie alles Licht schlucken und nichts mehr aus ihnen herausdringt. Auf neuen Bildern des „Hubble“-Weltraumteleskops haben Forscherinnen und Forscher nun jedoch eine eigenartige Struktur entdeckt: Ein schmaler, gerader Streifen neu entstandener Sterne, der sich weit von einer Galaxie entfernt befindet.
Schwarzes Loch zieht Sternenspur hinter sich her
Die Vermutung der Forschungsgruppe: Auf seinem Weg durch das Weltall interagiert das schwarze Loch mit dem zirkumgalaktischen Medium (das Gas, das Galaxien umgibt). Bewegt sich das schwarze Loch durch ionisierten Wasserstoff, kann eine Gas-Schockwelle mit einer langen Spur entstehen. In dieser Spur können Gaswolken abkühlen und Sterne bilden, die wie „Knoten“ in der Spur aussehen.
„Wir haben einen dünnen Streifen in einem ‚Hubble‘-Bild gesehen, die direkt auf das Zentrum einer Galaxie deutet“, erklärt van Dokkum gegenüber Live Science. „Mithilfe des Keck-Teleskops haben wir herausgefunden, dass die Linie und die Galaxie verbunden sind.“ Die Form der Galaxie deutet darauf hin, dass sie mit einer anderen Galaxie verschmolzen ist.
Der Streifen im Weltall ist mehr als 200.000 Lichtjahre lang. Analysen der Forschungsgruppe zeigen, dass die Sterne in dem Streifen jung sind – das schwarze Loch hat sie also nicht aus seiner früheren Galaxie „mitgenommen“. Sie müssen in der Gasspur entstanden sein, die durch das schwarze Loch in Aufruhr geraten ist.
Supermassereiches Loch hat die Masse von 20 Millionen Sonnen
Das Forschungsteam schätzt, dass das schwarze Loch mit der Masse von 20 Millionen Sonnen vor 39 Millionen Jahren aus seiner Heimatgalaxie geschleudert wurde. Es rast demnach nun mit 5,6 Millionen Kilometern pro Stunde durch das Universum.
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Auch wenn die Beobachtungen und Berechnungen des Forschungsteams eindeutig für ein supermassereiches schwarzes Loch sprechen: Ob die Theorie korrekt ist, ließe sich nur auf eine Weise eindeutig feststellen, schreiben die Autorinnen und Autoren: „Der ‚schlagende Beweis‘ für dieses Szenario wäre die eindeutige Identifizierung der schwarzen Löcher selbst“. Sollte die Theorie der Forschergruppe bestätigt werden, „wäre es das erste Mal, dass wir einen klaren Beweis dafür haben, dass supermassereiche schwarze Löcher ihren Galaxien entkommen können“, betont Dokkum. (tab)