Künstliche Intelligenz findet übersehene Signale aus dem Weltall

Normale Algorithmen fanden nichts, doch mithilfe von maschinellem Lernen entdeckt ein Forschungsteam acht bisher übersehene Signale aus dem Weltall.
Los Angeles/Berkeley – „Sind wir alleine im Universum?“, ist wohl eine der ältesten Fragen der Menschheit und gleichzeitig eine Frage, auf die es bis heute keine zufriedenstellende Antwort gibt. Für die Suche nach intelligentem Leben außerhalb der Erde gibt es einen ganzen Forschungszweig, genannt SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence). Forschende in diesem Bereich suchen vor allem nach sogenannten „Technosignaturen“ im Weltall – gemeint sind Signale von technologischen Entwicklungen fremder Zivilisationen, die ins Weltall hinausdringen. Das schreibt fr.de.
Bisher wurden keine gefunden – das berühmte „Wow!“-Signal, das im Jahr 1977 einmalig aufgeschnappt wurde, wurde bis heute nie mehr empfangen und auch nicht aufgeklärt. Und auch weitere Bemühungen blieben bisher vergeblich. Hatte die Forschung lange das Problem, dass zu wenige Daten verfügbar waren, kämpft sie seit einigen Jahren mit einem ganz neuen Problem: es stehen nun Unmengen an Daten zur Verfügung, deren Analyse sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Dazu kommt, dass irdische Signale – Smartphones, Satellitennavigation und mehr – immer wieder für falsch positive Ergebnisse sorgen.
Forschende wollen die älteste aller Fragen klären: Sind wir alleine im Universum?
Die Flut an Daten hat einen Grund: Im Jahr 2015 gründeten der Milliardär Yuri Milner und der Astrophysiker Steven Hawking das Projekt „Breakthrough Listen“ – eine Million Sterne sollen in diesem Rahmen nach Zeiten für intelligentes Leben abgesucht werden. Genutzt werden dafür mehrere Radioteleskope. Diese suchen nach Radiosignalen, die aus der Richtung eines Sterns kommen und ständig die Frequenz ändern. So sollte sich ein Signal verhalten, dessen Sender sich auf einem Planeten befindet, der sich genau wie die Erde durchs Weltall bewegt.
Eine neue Studie zeigt nun, dass im Bereich SETI das maschinelle Lernen eine sinnvolle Ergänzung sein kann. „Es ist eine neue Ära für die SETI-Forschung, die sich dank der Technologie des maschinellen Lernens anbahnt“, erklärt Franck Marchis, Planetenastronom am SETI-Institut in Mountain View, Kalifornien, gegenüber dem Magazin Nature.
Maschinelles Lernen findet acht unbekannte Signale aus dem Universum
Für eine neue Studie, die im Fachjournal Nature Astronomy veröffentlicht wurde, hat ein Forschungsteam um Peter Ma von der Universität in Toronto eine Deep-Learning-Technologie auf einen Datensatz angewandt, der bereits zuvor untersucht wurde. „Insgesamt haben wir 150 Terabyte Daten von 820 nahen Sternen durchsucht, die 2017 bereits mit klassischen Techniken untersucht und in denen damals keine interessanten Signale entdeckt wurden“, erklärt der Hauptautor der Studie, Ma.
Dabei fand die Forschungsgruppe dieses Mal jedoch etwas Neues: Gleich acht bisher unidentifizierte Signale, die von außerirdischen Zivilisationen stammen könnten und für die Forschung deshalb von Interesse sind. Die acht Signale konnten seitdem nicht mehr empfangen werden, doch für das Forschungsteam zeigt das Ergebnis vor allem eins: „Wir glauben, dass Arbeiten wie diese dabei helfen werden, die Entdeckungsrate zu beschleunigen“, betont Ma in einer Mitteilung und fährt fort: „Es geht um eine Antwort auf die große Frage ‚Sind wir alleine im Universum?‘.“
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Maschinelles Lernen hilft, große Datenmengen zu durchsuchen
Cherry Ng, Astronomin am SETI Institute in Kalifornien und an der Studie beteiligt, ist sich sicher: „Diese Ergebnisse veranschaulichen auf dramatische Weise die Möglichkeiten, die sich aus der Anwendung moderner Methoden des maschinellen Lernens und des maschinellen Sehens auf die Datenherausforderungen in der Astronomie ergeben.“ Das werde zu neuen Entdeckungen führen, glaubt Ng und betont: „Die Anwendung dieser Techniken in großem Maßstab wird für die Wissenschaft von Radiotechnosignaturen von großer Bedeutung sein.“
Möglicherweise wird es also eine künstliche Intelligenz sein, die eines Tages die ersten Signale einer außerirdischen Intelligenz entdeckt. Vielleicht aber auch nicht: Der Astronom Jean-Luc Margot von der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) vermutet, dass SETI in Zukunft eine Mischung aus klassischen Ansätzen und maschinellem Lernen verwenden wird, um die Unmenge an Daten zu sichten. Maschinelles Lernen sei „kein Allheilmittel“, zitiert Nature den Astronomen. Auch Dan Werthimer, SETI-Forscher an der Universität von Kalifornien in Berkeley stimmt dem zu: „Die Maschinen können noch nicht alles.“ (tab)