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Da ist so ein Bauchgefühl: Zufall brachte Richard Friedrich und die Stute Cyppy zusammen

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Eine Einheit auf und neben dem Platz: Richard Friedrich und seine Stute Cyppy sind sich erstmals in einer westfälischen Kleinstadt über den Weg gelaufen .
Eine Einheit auf und neben dem Platz: Richard Friedrich und seine Stute Cyppy sind sich erstmals in einer westfälischen Kleinstadt über den Weg gelaufen . © bb

Wer Richard Friedrich lauthals zum Lachen bringen will, sollte ihm diese Frage stellen: Sind Sie Berufsreiter? Wenn er ausgelacht hat, antwortet der 56-jährige aus Nieder-Waroldern: „Ich bin absoluter Amateur, mein Beruf ist Hufschmied.“

Nieder-Waroldern – Doch dieses Lachen klingt auch ein wenig so, als ob er es schade findet, dass aus ihm kein Berufsreiter geworden ist. Klar, in jüngeren Jahren habe er schon darüber nachgedacht, gibt er zu. Der Schmied nahm und nimmt auch weiterhin dem Reiter viel Zeit fürs Training. Heute ist der gebürtige Sachsenhäuser aber froh darüber, dass er Reiter im Nebenerwerb geblieben ist, weil „dieser Beruf im höheren Alter sehr hart werden kann“.

Pferde ausgebildet und zur S-Prüfung geführt

Ein weiterer Grund für den Amateurverbleib sind seine drei Pferde Dydo, Cyrmet und Cyppy und die Beziehung zu ihnen. Friedrich hat sie „roh“ bekommen, zu Springpferden ausgebildet und sie zu S-Prüfungen geführt, das sind die schwersten Aufgaben in dieser Sportart. Er befürchtet, dass er solch eine enge Bande zu seinen Tieren als Berufsreiter in einem Gestüt vermutlich nie hätte knüpfen können.

Der 56-Jährige hat auf dem Rücken dieses Trios den Großteil seiner sportlichen Karriere verbracht, die für ihn als Kind beim RFV Sachsenhausen begann und die auch in diesem Verein enden soll. Einen Termin fürs Absatteln hat Friedrich aber noch nicht mit sich ausgemacht. Wichtig für ihn ist dabei: „Ich hoffe, dass ich diesen Tag bestimmen kann und nicht mein Pferd, etwa wegen einer Verletzung.“

Wenn dein Pferd einen Fehler macht, suche ihn bei dir

Während Dydo und Cyrmet bereits ihr sportliches Rentendasein bei Friedrich genießen, ist er mit der elfjährigen braunen Stute Cyppy so erfolgreich wie noch nie zuvor. Die beiden verteidigten am vergangenen Wochenende in Korbach den Kreismeistertitel und gewannen beide M-Springen. Und die eine oder andere Platzierung in einer S-Prüfung soll in dieser Saison noch folgen.

Der 56-Jährige mag es nicht, wenn man Tiere vermenschlicht, aber er bezeichnet das Kennenlernen mit dieser Stute als Liebe auf den ersten Blick. „Eigentlich hat ein Freund von mir ein Pferd gesucht.“ Friedrich kannte da einem Züchter im westfälischen Rahden.

„Dann stand sie da“, schwärmt Friedrich heute noch vom ersten Date. „Mein Freund war nicht von Cyppy überzeugt ich sofort und sogar ein bisschen verliebt.“ Friedrich windet sich ein wenig um den Begriff „verliebt“ und beschreibt diese Emotion so: „Da ist so ein Bauchgefühl und sofort eine Nähe, da ist etwas, als wenn ein Funke überspringt.“ Und dieses Gefühl liegt zunächst außerhalb jeglicher sportlicher Perspektive.

„Ich freue mich jeden Tag auf dieses eine Pferd“

Richard Friedrich ist ein viel beschäftigter Hufschmied und es fällt ihm bisweilen schwer, Zeit für Cyppy finden. Aber er findet sie immer. Manchmal trainieren die beiden schon früh morgens oder spät abends.

Vor zehn Jahren hat Friedrich zwei Pferde betreut und geritten und er weiß heute gar nicht mehr, wie er das alles neben der Arbeit geschafft hat. „Jetzt habe ich nur noch ein Pferd und das ist so entspannend, ich freue mich jeden Tag auf dieses eine Pferd“, erzählt der 56-Jährige schwärmerisch wie ein Teenager. Friedrich hört auch viel in das Tier hinein und wenn Cyppy im Parcours Stangen zu Boden wirft, macht er ihr keine Vorwürfe, sondern erinnert sich an einen Leitsatz: „Wenn dein Pferd einen Fehler macht, suche den Fehler bei dir, wenn du ihn nicht findest, suche genauer.“

Ein Pferd sei stets bemüht, alles richtig zu machen, wenn es mal widerwillig sei, liege das auch an der Ausbildung.

Dass Reiter und Pferd im Parcours die Nerven behalten sei beim Springreiten das A und O. Die Tiere spürten, wenn der Reiter aufgeregt sei. „Da ist ein ganz feines Band zwischen Mensch und Tier. Wenn ich morgens in den Stall komme und je nachdem, wie ich die Tür schließe, wissen die Tiere gleich, wie ich gerade drauf bin.“ Reiten ist für Friedrich ein nie endender Lernprozess. „Wer meint er hätte alles drauf, der hat schon verloren.“

Leistung geht vor Schönheit

Die Digitalisierung ermöglicht heute auch Reitamateuren, dass sie an Informationen über neue Trainingsmöglichkeiten kommen. „Ich schaue mir oft Videos an, um die Beweglichkeit des Pferdes zu verbessern oder ich höre Profis beim Turnier zu und versuche ihre Worte auf dem Trainingsplatz umzusetzen.“ Gezielte gymnastische Übungen und Dehnungen seien auch im Pferdesport enorm wichtig geworden, betont Friedrich. Er sieht sich im Sattel als Sportler mit einem gewissen Anspruch und das verlangt er auch von seinem Pferd. Dabei geht Leistung vor Schönheit. „Was habe ich von einem schönen Pferd, wenn es ständig die Stange runterwirft. Durch gute Leistungen kann ein Pferd aber auch schön werden.“

Hat er zumindest farbliche Vorlieben bei einem Pferd? „Ein gutes Pferd hat keine Farbe“, betont Friedrich zunächst, gibt dann aber auch zu, dass es kein Schimmel sein muss, den müsse man mehr striegeln und putzen als andere. Er macht aber eine Ausnahme: „Wenn Cyppy ein Schimmel wäre, würde ich ihn genauso lieben.“ rsm

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