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DM als Meilenstein für Diskuswerfer Marius Karges

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Von: Gerhard Menkel

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Marius Karges im Diskusring von Halle.
Da ist die Scheibe schon unterwegs: Marius Karges im Ring von Halle. Schneetreiben und Kälte machten ihm nichts aus. © Objektfoto / Ballasch

Die deutschen Winterwurfmeisterschaften in Halle an der Saale markieren für Marius Karges einen enormen Schritt. Ein großer Meilenstein, sagt der Diskuswerfer aus Bad Wildungen selbst.

Halle – Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Bei der Platzierung? Bei der Weite? Oder eher doch bei der Perspektive, die sich Marius Karges nun eröffnen könnte?

Da ist der dritte Rang des 20 Jahre alten Athleten der Frankfurter Eintracht bei seinen ersten „Deutschen“ in der Männerklasse. „Ich hätte auf gar keinen Fall damit gerechnet, dass ich in Halle schon eine Medaille machen kann“, sagt er.

Weiter als er warfen nur der Wattenscheider Daniel Jasinski, Olympiadritter von 2016, und Mika Sosna (TSG Bergedorf). Hinter ihm landeten Athleten wie der deutsche Ranglistenbeste des Vorjahres, Henrik Janßen (Magdeburg), oder der Berliner Christoph Harting, Olympiasieger von 2016.

Da sind die 62,43 Meter, eine Weite, die Karges bisher nicht annähernd mit dem zwei Kilo schweren Diskus erzielt hatte. Auch im Training nicht. Bei den „Hessischen“ vor vier Wochen pflanzte er das Wurfgerät bei 57,67 Meter in den Rasen. Unbefriedigend, fand er und nahm sich für Halle die 60 Meter vor. Er erreichte sie im vierten Versuch (60,87) und wäre damit schon „mehr als zufrieden gewesen“.

Im letzten Durchgang legte er fulminant nach, die Steigerung beläuft sich nun auf satte 4,76 Meter. Kurzzeitig war er Zweiter, ehe sein Freund Sosna im ebenfalls finalen Wurf auf 65,57 Meter draufpackte. Auch das persönlicher Rekord. Noch gut einen Meter weiter (66,75) warf Jasinski, mit 33 Jahren der Senior im Feld der zehn Diskushünen.

Unter dem Druck der Konkurrenz zusätzliche Kräfte mobilisiert

Karges Steigerung kam nicht aus dem Nichts. Sie war für ihn das Resultat kontinuierlichen Trainings, „sodass ich mein Leistungspotenzial richtig ausschöpfen konnte“. Ungemein leistungsfördernd wirkte die starke Konkurrenz. Bei den Titelkämpfen in Frankfurt hatte Karges keinen ernsthaften Rivalen, in Halle mindestens eine Handvoll.

„Ich kann unter einer Konkurrenzsituation noch mal ganz andere Kräfte freisetzen als im Training oder in einem eher unwichtigen Wettkampf“, sagt er. Er bezeichnet sich selbst als „stabilen Wettkampftyp“, der einen steigenden Adrenalinspiegel als „positive Aufregung“ wahrnehme. „Das gibt mir eine Menge Selbstvertrauen.“

Dass sein letzter auch sein bester Wurf wurde, passt in dieses Bild. Als Karges im vergangenen August in Cali den Weltmeistertitel der U20 vor Mika Sosna gewann, erzielte er seine größte Weite ebenfalls im sechsten Anlauf.

Das Ranking von Halle bildete auf den Plätzen zwei bis vier exakt die Medaillenvergabe der deutschen Jugendmeisterschaften U20 des Vorjahres nach. Abermals lag Steven Richter (LV Erzgebirge) hinter Sosna und Karges, er erzielte als Vierter nur fünf Zentimeter weniger als der Bad Wildunger.

Die Talente pushen sich gegenseitig

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht schon so weit werfen würden, wenn wir uns nicht gegenseitig so helfen würden. Wir pushen uns immer und immer wieder in Wettkämpfen. Das war ein sehr großer Faktor bei den deutschen Meisterschaften“, sagt Karges. So gerieten die Titelkämpfe bei Eiseskälte, Schnee- und Graupelschauern, aber auf einem rutschsicheren Ring, zur Kampfansage der nachdrängenden Talente an die arrivierten Scheibengrößen.

Das wäre dann der dritte Punkt: die Perspektiven der jungen Werfer. Im März werden Sosna, Karges und Richter voraussichtlich den Deutschen Leichtathletik-Verband beim Winterwurf-Europacup in Leiria/Portugal vertreten. Erstere zwei bei den Männern, da Daniel Jasinski laut Karges verzichtet, Richter bei den U23. „Wirklich sehr überraschend, ich hätte mir nicht vorstellen können, das das so klappt“, sagt der DM-Dritte.

Sogar die WM in Budapest könnte eine Option werden

Als Topziel des Jahres hatte Marius Karges bisher die Junioren-EM in Finnland auf dem Zettel. Plötzlich könnte nun auch die Weltmeisterschaft der Aktiven im August in Budapest eine Option für ihn und die gleichaltrigen Kollegen sein.

„Natürlich müssen wir abwarten, wie wir in den Sommer kommen, wie gut wir trainieren können, ob wir verletzungsfrei bleiben“, sagt Karges. „Der primäre Fokus liegt natürlich auf der U23-EM.“

Startplätze werden allein in den Frühjahrs- und Sommerwettkämpfen vergeben. Der Winterwurf ist dann eine schöne Erinnerung. Auch müsste Karges an Weite zulegen – die WM-Norm für Budapest liegt bei 67 Metern. „Wenn wir uns selbst überraschen und Weiten erzielen könnten, dass wir eine Chance für die Erwachsenen-WM bekommen würden, wäre das unfassbar stark“, weiß er.

Auch das Abi muss bewältigt werden

Am Horizont scheint bereits ein weiteres Großereignis auf: die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Der 20-Jährige hat sie im Hinterkopf, macht sich aber nichts vor. Er wisse, dass eine Qualifikation extrem schwer werde, die Leistungsdichte im deutschen Männerdiskus sei sehr hoch. „Das sind zehn Werfer oder mehr. die um die Startplätze kämpfen werden.“

Bei den Titelkämpfen in Halle etwa fehlten Henning Prüfer (Potsdam), David Wrobel (Stuttgart) und Martin Wierig (Magdeburg), die Nummer drei bis fünf der deutschen Bestenliste 2022, verletzt oder erkrankt.

Kurzfristig muss sich Karges auch um seine Ausbildung kümmern: Der Carl-von-Weinberg-Schüler baut in diesem Halbjahr nach verlängerter Schulzeit sein Abitur. Dafür muss er eine Balance finden zwischen Sport und Lernen. Er sieht die Reifeprüfung entspannt. „Ich bin immer sehr gut durchgekommen, ohne besonders viel Augenmerk auf die Schule zu richten“, sagt er. „Ich hoffe, es bleibt bei den Prüfungen so, dass ich nicht Abstriche beim Sport machen muss.“

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