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Willingen feiert „nicht unschlagbaren“ Granerud, deutsche Party bleibt aus

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Von: Dirk Schäfer

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Halvor Egner Granerud feiert mit seinen Eltern nach seinem zweiten Sieg in Willingen.
Glückliche Familie: Halvor Egner Granerud feiert mit seinen Eltern nach seinem zweiten Sieg in Willingen. © Artur Worobiow

Ein Doppelsieger, der von nichts zu stoppen war. Ein japanisches Frauenmärchen. Und ein Lokalmatador, der beim Heimspringen sein bestes Ergebnis erzielte: Das war Willingen 2023 aus sportlicher Sicht.

Der 27. Skisprung-Weltcup auf der Mühlenkopfschanze war aber vor allem wieder eines: einer mit Atmosphäre, die man hören kann. Insgesamt 46.375 Zuschauer kamen an drei Tagen nach Willingen, mehr als 16.000 zum Einzel am Sonntag, das so endete, wie das am Samstag: Halvor Egner Granerud mit Siegertrophäe. 147,5 und 142 Meter, 273 Punkte, 21 mehr als der beste Verfolger.

Der Norweger, Vierschanzentournee-Sieger und seit dem Skifliegen am Kulm Führender im Gesamt-Weltcup, flog auch am Mühlenkopf meist dorthin, wo kein anderer hin flog. Aber er stellt klar: „Im zweiten Durchgang war ich Zweiter. Ich bin also nicht unbezwingbar.“ Er habe sein Sprungsystem an jedem Tag ein wenig umstellen müssen und sich auf die Bedingungen einstellen, verriet der 26-Jährige ein Teil seines Erfolgsgeheimnisses.

Kraft und Kubacki weiter hinten, Tande und Fettner überraschen

Ein anderer Teil: Seine Eltern feuerten den Norweger an, wie auch bei der Vierschanzentournee, die er ähnlich souverän gewann wie Willingen. Den Weltcup im Upland fand Granerud aber auch spitze, weil dort „eines der besten Publikums der Welt“ für Stimmung sorgt.

Daniel Andre Tande war am Samstag in der Qualifikation ganz weit vorn. Am Sonntag auch wieder Zweiter. Nur dass er diesmal im Gegensatz zum Vortag auch die Form im Wettkampf bestätigte. Nach der Enttäuschung gestern hatte ich gehofft, dass ich diesmal im Wettkampf so weitermache wie in der Qualifikation. Das hat auch geklappt“, sagte der Drittplatzierte, der zugab, dass dem Team das Springen leichter falle, wenn einer wie Halvor Egner Granerud so stark ist. „Der springt so gut, wie ich es noch nie gesehen haben bisher“, so Tande, der Willingen-Sieger von 2018.

Den Willingen-Sieger von 2019 und 2022 hatte man nach dem ersten Durchgang noch nicht bei der Siegerehrung vermutet. „Meine Sprünge waren eigentlich nicht so schlecht. Ich war froh, dass ich am Ende nochmal einen richtig guten zeigen konnte“, sagte Ryoyu Kobayashi.

Der Japaner, der mit 145,5 Metern den weitesten Satz des Finales zeigte, bewies, dass man Granerud wenigstens in einem Durchgang bezwingen kann. Und Willingen ähnlich wie bei seinem Sieg im Vorjahr in guter Erinnerung behalten wird nach einem „very nice weekend“, an dem er es fast seiner Landsfrau Yuki Ito gleichgetan hätte. Die Japanerin gewann am Mittag das Einzel der Damen, bei dem alle drei Podestplätze an Japan gingen.

Skispringer Simon Ammann
Willingen war eine Reise wert: Simon Ammann holte die ersten Weltcuppunkte der Saison. © INA FASSBENDER

Während Mitfavoriten wie Stefan Kraft (12.) und Dawid Kubacki (17.) enttäuschten und frühere Willingen-Sieger wie Kamil Stoch gar nicht qualifiziert waren, war es für Simon Ammann auch ein schönes Wochenende. Der 41-jährige Schweizer, inzwischen nur noch Teilzeit-Springer, schaffte es erstmals in dieser Saison über die Qualifikation hinaus und holte als 28. sogar Weltcuppunkte. Noch lange nach seinem Sprung erfüllte er den Zuschauern Selfie- und Autogrammwünsche.

Nicht alle Wünsche erfüllt haben sich für die Polen, die von tausenden Fans ach vorn getröstet wurden, und auch für die deutsche Mannschaft. Markus Eisenbichler hat mit Rang neun beim Heimspiel in Willingen seinen Aufwärtstrend bestätigt. Der sechsmalige Weltmeister machte bei widrigen Bedingungen im zweiten Durchgang noch vier Plätze gut und landet nach der enttäuschenden Vierschanzentournee schon zum vierten Mal in den Top 10.

Skispringer Stephan Leyhe in Willingen
Durch den Nebel auf Rang zwölf: Stephan Leyhe war in dieser Saison noch nie so gut wie beim Heimspiel. © Artur Worobiow

Andreas Wellinger überzeugte als Elfter, verpasste aber seine vierte Top-10-Platzierung in Folge knapp. Teamkollege Karl Geiger konnte seinen Formanstieg vom Samstag (Platz fünf) nicht bestätigen und musste sich mit Position 21 begnügen. Constantin Schmid (Oberaudorf) belegte Rang 23. Philipp Raimund (Oberstdorf), der am Samstag als Neunter noch das beste Ergebnis seiner Karriere gefeiert hatte, schied als 34. dagegen vorzeitig aus. 

Und Stephan Leyhe? Für den Lokalmatador brachte das Heimspiel den erhofften Kick. Der 31-Jährige erfüllte sich die Hoffnung auf einen Top-10-Platz nicht, aber der Willinger kann mit Platz 12 nach erneut 133 Metern sehr zufrieden sein. 0,.2 Punkte lag Zimmergenosse Andi Wellinger vor dem Upland-Adler, der aber das beste Ergebnis der Saison verbuchte. „Heute wäre sogar die Top ten drin gewesen. Leider nicht, aber das Gute ist, dass die Sprünge wieder besser funktionieren. Das Vertrauen kommt zurück“, sagte Leyhe der WLZ. (schä)

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